Zurückweisung: „Nimm es nicht persönlich …!“
Spielt man heute eigentlich noch Völkerball? Der Höhepunkt so mancher Sportstunde in meiner Schulzeit war ein spannendes Match. Davor stand jedoch die Auswahl der Mitspieler. Die beiden besten Spielerinnen waren gesetzt, die durften wählen. Immer abwechselnd. Gefragt waren Mannschaftsmitglieder mit dem Mut, auch scharf geworfene Bälle sicher und furchtlos zu fangen und ebenso scharf zurückzuwerfen. Als „Restposten“ blieben die ängstlichen Moppelchen, die zudem nicht flink genug waren, dem Ball wenigstens auszuweichen. Gott sei Dank war ich immer nach der Hälfte des Auswahlprozesses weggewählt und in einem Team.
Solche Erfahrungen begleiten uns durchs Leben und wohl niemand bleibt davon verschont. Nur die Kriterien, nach denen man aussortiert wird, ändern sich. Wer regelmäßig zu den letzten drei oder vier gehörte, der schleppt das lange mit sich herum. Das Gute beim Völkerball ist, dass man genau weiß, warum man nicht gewollt ist: Man ist einfach zu unsportlich. Dafür ist man in anderen Bereichen gut drauf und bevorzugter Teampartner. In der Musikgruppe, weil ich ein cooles Instrument spiele, im Deutschkurs, weil man mit mir in der Arbeitsgruppe ziemlich sicher eine gute Projektnote erzielt.
Zurückweisung im Beruf
Das „richtige Leben“, das Erwachsenenleben ist weniger übersichtlich als ein Schulalltag. Und wir lernen, dass es sehr unterschiedliche Formen von Zurückweisung gibt. Alle sind erst einmal irritierend, manchmal auch schmerzhaft. Im Privatleben kann man Personen, die einen abweisen, ausweichen. Schließlich kann man wählen, mit wem man seine Zeit verbringt. Man sucht sich den Kreis, in dem man sich wohlfühlt.
Im Beruf ist es schwierig. Dort trifft man auf Menschen, die mehr oder weniger wahllos zusammengewürfelt sind. Ob es da immer passt, ist Zufall. Dass man sich teilweise einfach nicht mag oder auf die Nerven geht, das ist fast schon vorprogrammiert. In Folge werden vielleicht Ideen abgeschmettert, Einladungen zur gemeinsamen Mittagspause bleiben aus oder die Gehaltserhöhung wird durch den Chef abgelehnt.
Aber halt! Ist die Zurückweisung einer Frage nach einer Gehaltserhöhung wirklich ebenso zu bewerten wie die fehlende Einladung zu einem gemeinsamen Mittagessen im Kollegenkreis? Und wie ordnen Sie es als Verkäufer ein, wenn ein Kunde einfach nichts von Ihnen wissen will und Ihnen aus dem Weg geht? Arbeiten Sie gar im Bereich Kaltakquise? Da gehört täglich mehrfache Zurückweisung quasi zum Berufsbild! Das muss man erst mal aushalten.
„Nimm es nicht persönlich!“ ist leicht gesagt und nicht immer umzusetzen. Schließlich ist der Mensch ein fühlendes Wesen und soll es auch bleiben. Aber wir sind ja auch erwachsen und wir können unseren Kopf benutzen.
Gründe können ganz unterschiedlich sein
Für den Chef, den Kunden gibt es sachliche Gründe dafür, ob er unsere Forderungen erfüllt oder zurückweist. Der Chef ist an die Gehaltsstruktur des Unternehmens gebunden. Er hat ein Budget für Personal, das ihm den Rahmen für die Gehälter vorgibt. Der Kunde hat einen Bedarf für Ihr Produkt oder er hat ihn nicht. Und wenn die Mittel fehlen, dann hilft das nichts. Selbst das umwerfendste Lächeln, der charmanteste Verkäuferblick schafft kein Geld aufs Kundenkonto, mit dem der seinen Einkauf auch bezahlen könnte.
Es gibt also sachliche Gründe für die als persönlich empfundene Zurückweisung, ob uns die nun gefallen oder nicht. Und zur Not retten wir uns eben in die Statistik! Wie viele Kundenkontakte braucht es noch mal, bevor man einen Vertrag schreibt?
Das andere ist die emotionale Zurückweisung, die wir uns manchmal einfach nicht erklären können. Bevor es allzu sehr schmerzt, erinnern Sie sich daran: Zum Erwachsensein gehört auch die Erkenntnis, dass „Everybody’s Darling“ oft auch „Everybody’s Depp“ ist. Und wer will das schon sein?
Ihre Sabine Kanzler
Siehe auch: Mobbing am Arbeitsplatz hat viele Gesichter
Bild: Colby | flickr.com | CC by 2.0 | Ausschnitt