Werte oder „Weil wir es uns wert sind …“
Werte haben Konjunktur – besonders in der Vorweihnachtszeit. Vor allem die als moralisch gut erachteten, die sittlichen Ideale. Wir sorgen uns um Gerechtigkeit und um den Frieden. Wir spenden nie so viel Geld wie gerade im Dezember, weil das Helfen, die Nächstenliebe in den Mittelpunkt unserer Wahrnehmung rückt. Es geht um Mitgefühl, um Respekt, um die Familie als Quelle der Kraft und des Wohlergehens. In allen Kirchen, in der Presse und ja, auch in der Werbung.
Werte sind Erwartungen
Gablers Wirtschaftslexikon definiert Werte als „Strukturen normativer Erwartungen, die sich im Zuge reflektierter Erfahrung (Tradition, Sozialisation, Entwicklung einer Weltanschauung) herausbilden.“ Und das zeigt, wo der Hase im Pfeffer liegt bei der Umsetzung all der schönen oben aufgeführten Werte ins reale Alltagsleben.
So lange Menschen mit unterschiedlicher Sozialisation und Tradition aufeinander treffen, so lange man nicht genau benennen muss, was denn „Respekt“ genau bedeutet fürs eigene Verhalten der ziemlich streitsüchtigen Tante gegenüber, die regelmäßig an den Feiertagen zu Besuch kommt, ob „Nächstenliebe“ auch heißt, dem kleinen Cousin zu verzeihen, dass er einem den neuen weißen Pullover mit seinen Schokoladenfingern beschmiert, ist alles gut. Wenn man dann aber ins Detail geht …
Ideelle und materielle Werte
Auch Unternehmen haben Werte. Es gibt eine „Corporate Identity“, die nach außen vermittelt wird. Dem Kunden gegenüber, den Mitarbeitern gegenüber und – vor allem interessant für den Menschen auf Jobsuche – den zukünftigen Bewerbern gegenüber. Gerne ist da von hoher Orientierung an Kundeninteressen die Rede. Da ist der Kunde der König. Oder von der wertschätzenden Haltung, die das Unternehmen seinen Mitarbeitern gegenüber an den Tag legt. Von ihren Entwicklungsmöglichkeiten, von Vereinbarkeit von Familie und Beruf …
Nicht unbedingt im Fettdruck steht dort, dass das erste Ziel eines Unternehmens ökonomisches Handeln ist. Und es somit die höchstmögliche materielle betriebliche Wertschöpfung (Gewinn) zu erreichen gilt. Die Unternehmensführung wird danach beurteilt, in welchem Umfang sie dieses Ziel realisiert. Da liegt es auf der Hand, dass das mit den ideellen Werten im Widerspruch liegen kann. Vor allem dann, wenn die Mitarbeiter sich mit den nach außen dargestellten Werten identifizieren.
Wertschätzung in guten Zeiten zeigt sich in einem ordentlichen Gehalt, an erfüllbaren Zielvorgaben, der Einhaltung von vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten und einem sicheren Arbeitsplatz. In Krisenzeiten könnte das Management durchaus der Meinung sein (und die auch äußern!), dass „keine Kündigung“ schon Wertschätzung genug sein müsste. Ein herbes Erwachen!
Den Wertekanon teilen
Wenn Sie sich beruflich neu orientieren, dann suchen Sie ein Unternehmen, das zu Ihnen passt. Und wenn ein Unternehmen einen neuen Mitarbeiter sucht, dann sucht es eine Person, die zum Unternehmen passt. Beide Parteien erhoffen und erwarten also, dass man einen Wertekanon teilt. Weitgehend wenigstens. So weit, so gut.
Für Sie als Bewerber heißt „passen“ also:
- Sie müssen ins Unternehmen passen.
- Außerdem müssen Sie in die jeweilige Abteilung zu den Kollegen passen.
- Und auch zu Ihrem zukünftigen Chef müssen Sie passen.
- Sie müssen selbst dann noch passen, wenn der Chef, der Sie gerade erst eingestellt hat, schon nach kurzer Zeit auf einen anderen Arbeitsplatz wechselt und Sie mit seinem Nachfolger konfrontiert sind.
- Und bevor es ganz untergeht: Sie sollten irgendwie auch noch zu sich selbst passen, zu Ihren Wertvorstellungen, mit denen Sie angetreten sind bei der Bewerbung. Weil Sie sich das wert sind!
Ich verspreche Ihnen: Das wird nicht einfach!
Erholen Sie sich gut über die Feiertage. Denken Sie ein bisschen über Ihre Werte nach und starten Sie dann gut gerüstet ins neue Jahr!
Ihre Sabine Kanzler
Bild: Kanu Hawaii | flickr.com | CC by 2.0 | Ausschnitt