Gesprächslandkarte: Checkliste für das Verkaufsgespräch

Haben Sie schon einmal etwas Wichtiges vergessen? Wenn es um Termine geht, haben die meisten von uns ja einen Kalender, in dem diese notiert werden. Und was, wenn es um alltägliche Dinge geht? Ist es Ihnen schon einmal passiert, dass Sie beherzt die Haustüre hinter sich zugezogen haben, während der Schlüssel noch in der Wohnung lag? Und warum passieren solche Dinge – manchen Menschen sogar mehrmals?

Gesprächslandkarte

Routine: Der Feind der Professionalität

Routine ist der schlimmste Feind der Professionalität. Was ich damit meine? Nun, ich bin überzeugt, dass Tätigkeiten, die wir häufig ausführen, eine gewisse Nachlässigkeit förmlich anziehen. Ein Beispiel: Ich veranstalte jährlich an mehr als einhundert Tagen firmeninterne Seminare. Ich habe also eine gewisse Routine. Aus diesem Grund arbeitet mein Büro mit einer Checkliste, auf der jede Kleinigkeit aufgelistet ist.

Seminarunterlagen? Check! Moderationskarten? Check! Ausreichend Filzstifte? Check! Und so weiter. Würden wir das nicht tun, käme mit Sicherheit der Tag, an dem ich im Seminarraum feststelle, dass meine Unterlagen dieses eine Mal vergessen wurden. Verzeihlich? Ja, aber sehr unprofessionell, denn für diese Teilnehmergruppe ist es völlig unerheblich, dass es sonst immer geklappt hat.

Ein Verkaufsgespräch ohne Checkliste ist wie eine Landung ohne Fahrwerk

Stellen wir uns einmal vor, ein Berufspilot würde sagen: „Ich habe viele Jahre meines Lebens eine perfekte Landung nach der anderen hingelegt, insgesamt waren es mehr als 10.000 Landungen, wenn ich nicht irre. Jetzt habe ich einmal vergessen, das Fahrgestell auszufahren. Meine Güte! Das kann doch mal passieren!“ Kann – darf aber nicht!

Vor einer Weile habe ich mit meinem Kollegen Peter Brandl über dieses Thema gesprochen. Er ist nicht nur Vortragsredner, sondern auch Berufspilot und Pilotenausbilder. Von ihm habe ich auch zuerst den Vergleich mit dem vergessenen Schlüssel gehört. Ich habe ihn gefragt, wie es in den Siebzigerjahren war, als es Vorschrift wurde, Checklisten laut vorzulesen. Ich konnte mir gut vorstellen, dass dies zu so manchen Verwünschungen geführt hat im Stile von: „Wer hat sich denn einen solch unnötigen, weltfremden Bürokraten-Mist ausgedacht – sollen wir fliegen oder Zettel vorlesen?“

Eine Checkliste muss simpel und flexibel sein

Was das mit modernen Vertriebsorganisationen zu tun hat? Nun, Checklisten werden zwar als sinnvoll betrachtet, jedoch nicht routinemäßig eingesetzt. „Ich kann doch nicht vor dem Kunden meine Fragen vom Zettel ablesen und Häkchen machen!“ So ist die Aussage alter Hasen von der Verkaufsfront. Diese Art von Widerstand ist mir im Laufe meiner Zusammenarbeit mit erfahrenen Verkäufern sehr vertraut geworden. Oft höre ich dann, dass sie es ja im Prinzip schon so machen und behaupten für jeden Kunden eine individuelle Checkliste zu erstellen. Und sie sind überzeugt, sich die wichtigsten Punkte merken zu können, ohne sie zu notieren.

Sicher würden Sie es befremdlich finden, wenn ein Pilot kurz vor dem Start sagen würde: „Wir haben die wichtigsten Punkte der Startvorbereitungs-Checkliste im Kopf. Die müssen wir nicht abhaken.“ Warum  akzeptieren wir so etwas in Vertriebsgesprächen? Eine ehrliche Antwort lasse ich gelten: „Wenn eine Checkliste vor mir liegt, dann bin ich zu sehr von der Abfolge der Punkte gefangen. Dann kann ich nicht so gut auf den Kunden eingehen und verstehen, was er wirklich will!“

Während meiner langjährigen Laufbahn habe ich mir über dieses Problem viele Gedanken gemacht. Wie kann man in einem Kundengespräch die simple aber starre Sicherheit einer Checkliste mit der nötigen Flexibilität verbinden? Daraus entstand die inzwischen preisgekrönte Idee der Gesprächslandkarte.

Mit einer Gesprächslandkarte Struktur geben

Angenommen, wir führen ein Gespräch über unsere Urlaubsreisen in Europa. Wir beide können etwas zu der Unterhaltung beitragen, fragen einander viel, tauschen Tipps und Erfahrungen aus und thematisieren unsere nächsten Pläne. Während wir uns unterhalten, liegt vor uns eine stark vereinfachte Karte von Europa. Die Linien sind nur ganz zart und in hellgrauem Farbton gedruckt, etwa so wie die Linien auf kariertem Papier, so dass man einfach darüber schreiben kann.

Während unseres Gesprächs mache ich mir Notizen in die Flächen der Länder. Dabei muss ich nicht viel nachdenken, denn ich weiß blind, wo sich beispielsweise Dänemark, Spanien oder Italien befindet. Damit erhält das Gespräch eine Struktur und Orientierung, ohne dass eine spezielle Abfolge vorgegeben wird. Wenn ich in einem Land noch nichts notiert habe, bekomme ich ständig optisch die Rückmeldung, dass wir darüber noch nicht gesprochen haben. Dann kann ich individuell entscheiden, ob ich das Gespräch noch darauf lenken will oder den Bereich bewusst auslasse. Wichtige Themen zu vergessen, wird auf diese Weise unmöglich.

Gestalten Sie Ihre eigene Gesprächslandkarte

Aus welchen Bausteinen sollten Sie Ihre ganz persönliche Checkliste zusammenstellen? Nun, das hängt sicher davon ab, für welche typischen Gesprächssituationen Sie die Landkarte entwerfen wollen. Unterschiedliche Anlässe sind möglich, wie zum Beispiel Messegespräche, Telefonate und Kundenbesuche. Grundlegend kann man sich an den vier Phasen orientieren, die bei jedem Gespräch ähnlich ablaufen: Einleitung, Forschung, Beweis und Verbleib.

  1. Für emphatische Verkäufer dürfte die Einleitung auch ohne Checkliste gut machbar sein, vielleicht möchten Sie aber einen Erinnerungspunkt schaffen, um die beste denkbare Gesprächsatmosphäre herbeizuführen. Und wenn es eine zufällige Begegnung – beispielsweise auf einer Messe – ist, wollen Sie bestimmt daran erinnert werden, alle relevanten Daten über den Kunden zu erfahren.
  2. Der zweite Teil des Gesprächs ist der ausführlichste. Die Forschung behandelt die Situation, die Probleme, den Handlungsdruck und die Nutzenvorstellung des Kunden. Diese Bereiche werden sicherlich die größte Fläche auf der Gesprächslandkarte einnehmen. Ganz bestimmt ist es eine gute Idee, besonders gelungene Fragen wörtlich in die Karte zu drucken, um sich daran zu erinnern. Zumindest werden die besprochenen Baupläne zu den unterschiedlichen Fragetypen dort stehen, so dass Sie nichts vergessen können und alle wichtigen Fragen im Gespräch stellen.
  3. In der Beweisführung könnte man besonders clevere Ideen bereithalten, um die eigene Leistung in Metaphern zu erklären.
  4. Und schließlich wollen wir auf jeden Fall sicherstellen, dass am Ende des Gesprächs ein konkreter Verbleib steht. Also eine Vereinbarung zu den nächsten Schritten und den nun folgenden Aktivitäten.

Wenn es Ihnen gelingt, eine solche Gesprächslandkarte in Ihren Arbeitsalltag zu integrieren, wird sich dadurch die Wirkung Ihrer Vertriebsarbeit erheblich verbessern.

Ihr Stephan Heinrich

Siehe auch: Transaktionsanalyse im Verkaufsgespräch

Bild: schaeffler | pixabay.com

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