Empfehlungsrate und Empfehlungsgeschäft

Viele Unternehmen haben inzwischen damit begonnen, mithilfe des Net Promoter Scores (NPS) die Empfehlungsbereitschaft und damit die Empfehlungsrate ihrer Kunden zu messen. Dieser wurde von Frederick Reichheld zusammen mit Bain & Company entwickelt und in mehreren Büchern vorgestellt.

empfehlungsrate

Die zur Ermittlung des NPS verwendete Kernfrage lautet: „Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie Unternehmen X an einen Freund oder Kollegen weiterempfehlen werden?“ Die jeweilige Antwort wird auf einer Skala von 0 bis 10 eingetragen. Als Promotoren gelten nur diejenigen, die ihre Empfehlungsbereitschaft mit 9 oder 10 einstufen. Von den Promotoren werden die Kritiker (zwischen 0 und 6) abgezogen. Deshalb kann der NPS positiv oder negativ sein.

Empfehlungsrate: Die ultimative Kennzahl (UPI)

Der Charme des NPS liegt in seiner Einfachheit, doch kann dieser letztlich höchstens eine Hilfskennzahl sein. Denn Empfehlungsbereitschaft ist ja nett, doch dem müssen dann auch Taten folgen. Erst wenn eine wirkungsvolle Empfehlung ausgesprochen wird, kann dies zu neuen Kunden führen. Und dabei muss das Weiterempfehlen dann noch so überzeugungsstark sein, dass die Empfänger auch tatsächlich kommen und kaufen.

Um das herauszufinden, wird die Empfehlungsrate ermittelt. Sie besagt, wie viele Kunden ein Unternehmen aufgrund von Weiterempfehlungen gewonnen hat. Und dies sollte – neben Reputation und Wiederkauf – das wichtigste Ziel eines Anbieters sein. Denn Empfehler sind mit Abstand die wirksamsten Neukunden-Werber. Deshalb kann die Empfehlungsrate als ultimative betriebswirtschaftliche Kennzahl bzw. Ultimate Performance Indicator (UPI) gelten.

Das Empfehlungsgeschäft und die Empfehlungsrate analysieren

Ein Unternehmen kann gar nicht genug aktive Empfehler haben, weil diese über dessen Zukunft mitentscheiden. Denn wer nicht länger empfehlenswert ist, ist auch schon bald nicht mehr kaufenswert. Was Sie hierbei im Einzelnen wissen müssen:

  • Wie viele Kunden empfehlen uns weiter? Und warum genau?
  • Welche Produkte und Services werden am stärksten empfohlen?
  • Wer genau hat uns empfohlen? Und wie bedanken wir uns dafür?
  • Wer spricht die meisten/die wirkungsvollsten Empfehlungen aus?
  • Wie ist der Empfehlungsprozess im Einzelnen abgelaufen?
  • Gibt es dabei erkennbare und somit wiederholbare Muster?
  • Wie viele Kunden haben infolge einer Empfehlung erstmals gekauft?

Ein Tipp an dieser Stelle: Markieren Sie Ihre Empfehler als solche in Ihrer Datenbank, denn Empfehler sind besonders wertvolle Kunden. Und so sollten sie von jedem Mitarbeiter im Unternehmen dann auch behandelt werden.

Drei Fragen führen zum Ziel

Die Empfehlungsrate ist gleichzeitig Ausgangspunkt und Ziel eines systematisch gesteuerten Empfehlungsmanagements. Sie wird bei jedem Kunden, der zum ersten Mal kauft, soweit es die Situation erlaubt, an passender Stelle über folgende Frage ermittelt:

  • Wie sind Sie eigentlich ursprünglich auf uns aufmerksam geworden?

Sofern eine Empfehlung im Spiel war, geht es dann weiter wie folgt:

  • Und jetzt interessiert mich mal: Was hat denn der Empfehler über uns/unser Produkt/unseren Service gesagt?
  • Und jetzt bin ich mal ganz neugierig? Wer war das denn, der uns empfohlen hat?

Durch die erste Frage wird nicht nur ermittelt, wie viel Prozent der neuen Kunden aufgrund einer Empfehlung kamen, die Antworten zeigen auch, wo Sie in Zukunft Ihre Werbegelder verstärkt anlegen sollten. Über die zweite Frage gibt der Kunde Hinweise darauf, was genau Sie erfolgreich macht und in welche Richtung die Angebotspalette weiterentwickelt werden kann. Und über die dritte Frage bekommen Sie die Namen Ihrer Influencer, Meinungsmacher, Botschafter, Promotoren, Referenzgeber und aktiven Empfehler heraus.

Weitere wertvolle Informationen zur Empfehlungsrate sammeln

Aus der Persönlichkeitsstruktur eines Empfehlers und aus dessen Kaufverhalten lassen sich bereits erste Rückschlüsse auf die voraussichtlichen Wünsche und Bedürfnisse des neuen Kunden ableiten. Ihr Empfehler hätte Ihre Angebote sicher niemals empfohlen, wenn sein guter Rat für den Empfänger nicht von Interesse wäre.

Bringen Sie auch in Erfahrung, welche spezifischen Leistungen der Empfehler hervorgehoben hat. Denn darauf wird Ihr Interessent besonders achten. Hier sind seine Erwartungen hoch. Eine Enttäuschung fiele nicht nur negativ auf Sie, sondern auch auf den Empfehler zurück. Und das wollen Sie nicht nur sich selbst, sondern vor allem Ihrem Empfehler ersparen.

Geben Sie Ihrem Empfehler – wenn möglich – auch eine Rückmeldung darüber, was aus seiner Empfehlung geworden ist. Und: Wertschätzen Sie die Person, die Sie durch ihn kennen gelernt haben. Das kann sich dann beispielsweise so anhören: „Ich muss schon sagen, Sie kennen interessante, einflussreiche, angenehme Leute.“ Und am Ende heißt es: Herzhaft danken!

Und: Mit einer Kleinigkeit belohnen! Solch überraschende Momente des kleinen Glücks sind es, die Menschen besonders begehrenswert finden. Mehr noch: Wenn wir von jemandem etwas geschenkt bekommen, fühlen wir uns ihm verpflichtet. Soziologen nennen das den Reziprozitätseffekt. So wird der Erstempfehler dann zum Powerempfehler und zum Supermultiplikator.

Zu aufwändig das Ganze? Dann überlegen Sie mal, wie aufwändig und kostenintensiv die „kalte“ Neukundenakquise ist!

Konversionsraten messen

Wie wertvoll Empfehlungen tatsächlich sind, das lässt sich anhand von Konversionsraten messen. So kam der Frankfurter Wirtschaftsprofessor Bernd Skiera, als er einmal das Empfehlungsprogramm einer großen Bank analysierte, zu folgendem Schluss: Kunden, die von bestehenden Kunden an Bord geholt worden waren, erbrachten weit mehr Gewinn als die übrigen Neukunden. Ferner blieben sie dem Unternehmen auch länger treu.

So lässt sich anhand von Konversionszahlen deutlich machen: Kunden, die aufgrund einer Empfehlung gewonnen wurden, sind besonders wertvolle Kunden. Und die, die ein Unternehmen mit Inbrunst und Leidenschaft weiterempfehlen, werden dieses kaum mehr verlassen. Auf diese Weise kommt man schließlich zu Fan-Kunden mit quasi eingebauter Bleibe-Garantie.

Passende Fragestellungen

Ob auch bei Ihnen Empfehler und die durch sie gewonnenen Kunden die wertvollsten sind, das lässt sich zum Beispiel wie folgt ermitteln:

  • Wie hoch ist, wenn Sie Verkaufstermine machen, die Terminquote bei empfohlenem Geschäft? Und bei nicht empfohlenem?
  • Wie lange dauert es bis zum Abschluss bei empfohlenem Geschäft? Und bei nicht empfohlenem?
  • Wie hoch ist die Abschlussquote bei empfohlenem Geschäft? Und bei nicht empfohlenem?
  • Wie teuer ist ein neu gewonnener Kunde, wenn er aufgrund einer Empfehlung kommt? Und wie teuer ist er im Fall anderer Sales- & Marketing-Aktivitäten?
  • Wie hoch sind die durchschnittlichen Umsätze bei empfohlenem Geschäft? Und bei nicht empfohlenem?
  • Wie stark spielen Rabatte beziehungsweise Sonderkonditionen eine Rolle bei empfohlenem Geschäft? Und bei nicht empfohlenem?
  • Mit welcher Wahrscheinlichkeit werden Empfehlungsempfänger, die Kunde wurden, selbst als Empfehler aktiv?
  • Welche Kundenkreise und Branchen empfehlen am ehesten weiter?
  • Gibt es geschlechterspezifische, regionale oder nationale Unterschiede?

Auf Basis der so gewonnenen Ergebnisse lassen sich dann konkrete Maßnahmen erarbeiten, um das derzeitige Empfehlungsgeschäft weiter zu steigern. Und das ist auch gut so. Denn in unserer immer stärker durch Social Media und Mobile Marketing geprägten Zukunft wird ein professionelles Empfehlungsmanagement die wichtigste Rolle spielen. Es gehört an die erste Stelle im Marketingplan.

Anne M. Schüller

Bild: geralt | pixabay.com

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