Bedarfsanalyse: Fragen statt Argumentieren
Viele Vertriebsmitarbeiter kommen auf mich zu und sagen, ihnen fehlen die richtigen Argumente bzw. sie brauchen mehr Argumente. Dabei fallen mir dann immer Verkaufserlebnisse ein, bei denen mich der Verkäufer „überfallartig“ mit Verkaufsargumenten überschüttet hat.
Argumente-Bauchladen statt Bedarfsanalyse?
Der Vertriebsmitarbeiter weiß nicht, was ich will, was mich wirklich interessiert und überzeugt. Daher schüttet er seinen kompletten „Bauchladen“ an Argumenten über mir als potenziellem Kunden aus. Das Einzige, was er damit erreicht, ist, dass ich fluchtartig diese unangenehme, bedrängende Situation verlasse.
Der Vertriebsmitarbeiter ist enttäuscht und denkt, dass er noch mehr Argumente benötigt, um erfolgreicher zu sein. Der „Bauchladen“ muss größer werden. Diese Strategie kann funktionieren. Allerdings nur dann, wenn Sie das Ziel haben, noch mehr potenzielle Kunden zu vergraulen.
Stattdessen ist es sinnvoller, mittels richtiger Fragen eine Bedarfsanalyse durchzuführen. So finden Sie heraus, was die Bedürfnisse des Kunden sind und welchen Nutzen er aus einem Kauf ziehen möchte. Ein weiterer Vorteil von Fragen ist, dass der Kunde aktiv an der Kaufentscheidung teilnimmt.
Verschiedene Fragetechniken zur Bedarfsanalyse
Die wohl gängigste Art sind die geschlossenen Fragen. Dies sind Fragen, die in der Regel mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden. Sie sind geeignet, um Fakten zu überprüfen. Nachteilig ist, dass der Fragesteller keine Hintergundinformationen erhält und der Kunde sich nicht einbringen kann. Es entsteht kein wirklicher Dialog.
• Geschlossene Fragen
Unter Berücksichtigung der Regel, dass der Kunde möglichst 70 % Gesprächsanteil haben sollte, ist es empfehlenswert, geschlossene Fragen nur punktuell einzusetzen. Bei mehreren geschlossenen Fragen hintereinander fühlt sich der Kunde schnell ausgefragt. Daher empfehle ich, geschlossene Fragen nicht zu Beginn eines Gesprächs, sondern im Verlauf der Bedarfsanalyse dosiert einzusetzen, wenn Themen damit schnell geklärt werden können.
Beispiele für geschlossene Fragen:
- Kennen Sie schon …?
- Haben Sie schon … ausprobiert?
- Haben Sie dazu noch Fragen?
- Brauchen Sie dazu noch…..?
• Offene Fragen
Eine weitere wichtige Fragetechnik sind offene Fragen. Dies sind Fragen, die häufig mit einem „W“ beginnen, und bei denen der Kunde umfangreiche Antwortmöglichkeiten hat. Deshalb sind sie sehr gut zur Gesprächseröffnung geeignet. Der Kunde kann sich gleich zu Beginn des Gesprächs einbringen und Sie erzeugen somit eine „Wohlfühlsituation“ beim Kunden.
Ein weiterer Vorteil der offenen Fragen ist, dass Ihnen der Kunde durch seine eher ausführlichen Antworten Anhaltspunkte bietet, welche Faktoren bei einem möglichen Kauf wichtig für ihn sind, was ihn zu einem Kauf motiviert, welchen Nutzenargumenten er zugänglich sein könnte. In den seltensten Fällen ist es tatsächlich der Preis.
Dadurch erhalten Sie die Chance aus ihrem „Verkaufsargument-Bauchladen“ die richtige „Geschmacksrichtung“, also die passenden Argumente heraus zu greifen, um diese dann dem Kunden ansprechend zu präsentieren. Im Anschluss an die Präsentation des ausgewählten Verkaufsarguments empfiehlt es sich, wiederum eine gezielte offene oder geschlossene Frage zu stellen, beispielsweise:
- Was halten Sie davon, wenn ich Ihnen das gleich mal durchrechne?
- Wenn Sie einverstanden sind, nehme ich Ihre Bestellung gerne gleich auf
Beispielfragen im Rahmen der allgemeinen Bedarfsanalyse:
- Was ist für Sie im Hinblick auf eine Kaufentscheidung wichtig?
- Welche Faktoren sollen erfüllt sein?
- Welche Erfahrungen haben Sie mit…..?
- Woher haben Sie Ihre Informationen?
- Nach welchen Kriterien entscheiden Sie?
- Welche Preisvorstellungen haben Sie?
- Wann haben Sie zuletzt…?
In unserer Umgangssprache gebrauchen wir offene Fragen nur noch selten. Aus diesem Grund empfehle ich Ihnen, den Einsatz der offenen Fragen zu trainieren. Sie können den Kunden weniger offensichtlich als mit geschlossenen Fragen lenken, ohne ihn zu bevormunden und können auf Grund der erhaltenen Informationen gezielter argumentieren.
• Alternativfragen
Eine weitere Fragetechnik, eine Art erweiterte geschlossene Frage, ist die Alternativfrage. Der Kunde erhält bei dieser Technik eine Wahlmöglichkeit. Nicht ganz unwichtig kann sein, dass Sie die Wahlmöglichkeit vorgeben. Denn in 80 % der Fälle wählt der Gefragte die zuletzt genannte Möglichkeit. Vor allem, wenn die Alternative verbal gut verpackt ist. Diese Fragetechnik empfiehlt sich, wenn Sie einen unentschlossenen Kunden unterstützen möchten, eine Entscheidung herbei zu führen, z.B.:
- Möchten Sie das Produkt erst nächste Woche haben oder gleich mitnehmen?
- Möchten Sie nur die kleine oder die im Endeffekt für Sie günstigere große Packung?
Vorteile durch Fragetechniken
Letztendlich bietet Ihnen der gezielte Einsatz der verschiedenen Fragetechniken im Vergleich zum vermehrten Argumentieren viele Vorteile:
- Sie erfahren, was den Kunden wirklich bewegt und erhalten somit wichtige Hinweise für Ihre anschließende Nutzenargumentation.
- Der Kunde fühlt sich wohl, weil er sich verbal einbringen kann.
- Sie behalten die Gesprächsführung
- Sie können die Kaufentscheidung positiv beeinflussen.
Jetzt bleibt mir nur noch Ihnen viel Erfolg beim Einsatz der Fragetechniken zu wünschen (und verstecken Sie Ihren „Bauchladen“ vor dem Kunden).
Bild: geralt | pixabay.com