Bunte Lebensläufe oder durchgeplante Karriere?

Immer mal wieder begegnet man im Leben Menschen, bei denen einem schwindlig werden kann, wenn sie von ihren kunterbunten und scheinbar nicht zusammenpassenden beruflichen Stationen berichten. Bei anderen hingegen ist man sprachlos, weil sie in ihrer Karriere mit Anfang 30 bereits alles das erreicht haben, was sie mit 15 geplant hatten.

bunte Lebensläufe

Wer mag heute auf dem Arbeitsmarkt die besseren Chancen haben? Derjenige, der sich treiben lässt. Auch mal eine Auszeit einlegt und nach einer Selbstständigkeit nochmal ganz vorn anfängt? Oder derjenige, dessen Lebenslauf keine einzige Lücke aufweist. Sondern stattdessen einen durchgängigen roten Faden von einer Karrierestation zur nächsten? Eines ist jedenfalls klar: Die Arbeitswelt ist heute eine andere als noch vor 20 Jahren.

Die Arbeitswelt verändert sich

Begriffe wie Work-Life-Balance, Job-Sharing oder Sabbatical waren damals kein Thema. Heute übertreffen sich die Karriereseiten mittlerer und größerer Unternehmen selbst mit diesen Schlagwörtern, um für qualifizierte Arbeitnehmer attraktiver zu sein. Sie reagieren damit auf eine Entwicklung des Arbeitsmarktes, die heute hauptsächlich dem Einfluss der Generation Y zugeschrieben wird. Arbeiten um zu leben, statt leben um zu arbeiten, scheint die Devise.

Wer sich nach einem neuen Arbeitgeber umsieht, für den zählt nicht mehr nur eine volle Lohntüte oder der Status, sondern auch Freizeit, Zeit mit der Familie, Freiheit und Raum für Selbstentfaltung und Kreativität. Diese Entwicklung bestätigen auch verschiedene Studien der letzten Jahre. Beispielsweise gaben in der Umfrage „Beruf und Karriere 2014“ der CreditPlus Bank AG zwei Drittel der insgesamt 1.006 Befragten an, dass eine gute Arbeitsatmosphäre das wichtigste Kriterium bei der Auswahl eines neuen Arbeitgebers ist. Dicht gefolgt von flexiblen Arbeitszeiten, die mehr als die Hälfte der Befragten für relevant hält.

Warum bunte Lebensläufe die logische Konsequenz sind

Viele Unternehmen stellen sich auf die neuen Erwartungen der Arbeitnehmer ein. Dabei sind sie flexibler und öffnen sich den individuellen Wünschen und Vorstellungen einzelner Arbeitnehmer. Ist es bei diesen Veränderungen nicht natürlich, dass es auch immer mehr bunte Lebensläufe gibt? Aber wie sehen Arbeitgeber das? Bevorzugen die meisten nicht traditionelle Karrierewege? Wer sich in Deutschland mit einem  „zusammengewürfelten“ Lebenslauf bewirbt, mag häufig den Eindruck gewinnen, im Rennen um den Job den Kürzeren zu ziehen. Dass das in anderen Ländern zum Teil ganz anders wahrgenommen und gehandhabt wird, zeigt ein interessanter Beitrag von Marc-Sven Kopka, VP Corporate Marketing & Communications bei der Xing AG.

„Soll er als Rentner surfen?“

In dem Editorial berichtet er von einer früheren beruflichen Station in London. Als er in seinem Team eine Stelle zu besetzen hatte, erhielt er von der HR-Abteilung einen ansehnlichen Stapel mit CVs und war erstaunt. Keiner dieser Lebensläufe hätte in Deutschland auch nur den Hauch einer Chance gehabt. Kopka schreibt: „… sie waren bunt, beschrieben gebrochene Karrierepfade und strotzten nur so vor beruflicher Experimentierfreude. Kurz: Sie waren ganz anders als die stromlinienförmigen Lebensläufe, die ich aus Deutschland kannte.“

Einer der Kandidaten, die ihm die HR-Abteilung vorgeschlagen hatte, war nach seiner letzten beruflichen Station für eineinhalb Jahre nach Australien zum Surfen gegangen. Kopka fragte nach, ob das nicht ein Indikator für eine zweifelhafte Arbeitsmoral sei und erhielt die Antwort: „Soll er als Rentner surfen?

Auf jeden Fall wird es Zeit, dass wir uns in Deutschland für bunte Lebensläufe öffnen und die Angst vor personellen Fehlentscheidungen verlieren. Und das werden viele Unternehmen allein schon durch den Fachkräftemangel müssen, ist sich Kopka sicher.

Siehe auchMillenials – wie engagiert ist die Generation Y?

Bild: ClickFlashPhotos / Nicki… | flickr.com | CC by 2.0 | Ausschnitt

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