Internetkontakte: Die schöne neue Welt
Ein Klick, und man ist „befreundet“. Mindestens verkontaktet. Mit jedem!! Zur Not auch ohne ein Wort der Erklärung. Macht überhaupt keine Mühe mehr! Es erscheint verlockend: Man meldet sich in einem Netzwerk an, gibt ein paar Daten über sich und seine berufliche Entwicklung in sein Profil ein. Dann geht man auf die Suche nach interessanten Usern, tätigt die oben beschriebenen Klicks, trifft eine alte Bekannte. Jahrelang nicht gesehen. Welche Freude!! Die wiederum hat unter ihren Internetkontakten einen Personalberater, der sucht justament in diesem Augenblick einen Fachmann mit dem eigenen Qualifikationsprofil und dann hat es auch schon „paff“ gemacht und man hat ihn, den Job.
Jeder kennt jeden
Wenn das nicht klappt, dann geht es über Kontakte. Jeder kennt jeden auf der Welt über sechs Ecken, behaupten Netzwerk-Theoretiker. Wenn ich also nur genügend Internetkontakte habe, dann wird schon einer dabei sein, der einen kennt, der meine Bewerbung direkt bei Frau oder Herrn Wichtig im Traumunternehmen empfiehlt, der mich dann an die entsprechende Abteilung weiter reicht.
Und so kontaktet und sammelt man, und zwar jeden, der nicht bei 3 auf dem Baum ist und vorher noch schnell seinen Computer ausgeschaltet hat. „Kontakte schaden nur dem, der sie nicht hat!“ ist ein beliebter Satz, der dem Zögernden und Verständnislosen entgegen geschleudert wird. Man habe eben nicht verstanden wie das gehe mit dem Networking.
Sind Internetkontakte das Ei des Kolumbus bei der Jobsuche?
Natürlich bieten Social Media, also Netzwerke wie Xing, Facebook, LinkedIn und andere dem Stellensuchenden Möglichkeiten. Er kann Kontakte knüpfen, sich präsentieren und auch selbst Informationen einholen. Das ist etwas für Menschen, die sich im Netz gekonnt bewegen und es optimal nutzen. Aber das braucht Zeit. Innerhalb von drei oder vier Wochen baut niemand ein Netzwerk auf, das ihn wirklich nachhaltig unterstützen wird.
Denn niemand hat Lust auf Internetkontakte, die jemand nur unter dem Gesichtspunkt des eigenen Nutzens knüpft. Die Unsitte, keine Gründe für einen Kontaktwunsch anzugeben, tut ein Übriges dazu. „Das SOCIAL in Social Media steht für Sozialverhalten, Kommunikation. Aufgeweckte Zeitgenossen bewältigen deshalb ein paar kurze Zeilen zur Anfrage, warum sie Kontakt aufnehmen wollen.“ Das schreibt Petra van Cronenburg, Schriftstellerin und damit eine Frau des Wortes, auf ihrer Fanseite bei Facebook zum Thema Freundschaftsanfragen. Recht hat sie!
Auch sich ein positives Image aufzubauen durch qualitativ gute Beiträge in (Fach-)Foren, geschieht nicht von heute auf morgen. Aber nur ein professioneller und regelmäßig gepflegter Internetauftritt wirkt als echte Unterstützung bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz.
Natürlich wird man auch gefunden. Die Tür einrennen wird dem durchschnittlichen Bewerber – und das sind nun mal rein statistisch gesehen die meisten – jedoch niemand. Auf die 5 bis 10 Prozent der Besten gehen Arbeitgeber und Headhunter aktiv zu. Oder auf gefragte Spezialisten mit hoher Qualifikation, die auf dem Arbeitsmarkt selten sind.
Internetkontakte und das Blaue vom Himmel
Grundsätzlich gilt: Versprechen, die zu gut klingen, um wahr zu sein, sind in der Regel auch nicht wahr. Seien Sie also misstrauisch, wenn Ihnen jemand verspricht, die Registrierung bei ABC sei der Karriereturbo schlechthin. Fragen Sie nach, wenn Ihnen jemand „Synergien, die sich ergeben werden“ in einer Kontaktanfrage in Aussicht stellt und dazu noch mit „Liebe Grüße“ unterschreibt, obwohl Sie diesem Menschen noch nie begegnet sind. Werden Sie hellhörig, wenn Sie ein Personalberater auffordert, ihm Ihre Bewerbungsunterlagen zukommen zu lassen und verspricht, er könne jemanden wie Sie bei hochkarätigen Kunden platzieren.
Und fragen Sie sich „Wann hast Du das letzte Mal jemanden weiterempfohlen, den Du gar nicht kanntest? Wann hat allein Deine Anwesenheit im realen Leben Leute zu solcher Begeisterung hingerissen, dass daraus ein lukratives Geschäft entstand?“ Ihr gesunder Menschenverstand wird Ihnen dann sicher ins Ohr flüstern „Ich kann mich, ehrlich gesagt, nicht daran erinnern!“
Ihre Sabine Kanzler
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