Ehrlichkeit im Vorstellungsgespräch – Wieviel ist angebracht?
Laut einer aktuellen Umfrage gehört Ehrlichkeit für 73 Prozent der Deutschen zu den wichtigsten Werten. Doch ist hundertprozentige Ehrlichkeit immer und überall angebracht? Zum Beispiel im Vorstellungsgespräch? Und was, wenn unerlaubte und zu persönliche Fragen gestellt werden? Sollte man die Wahrheit dann nicht lieber zu seinen Gunsten auslegen? Was ist die richtige Dosis Ehrlichkeit im Vorstellungsgespräch?
Personaler klagen über zu wenig Ehrlichkeit im Vorstellungsgespräch
Personaler jedenfalls sehen unehrliche Bewerber nicht besonders gerne. Jeder dritte HR-Verantwortliche klagte in einer Studie von Robert Half darüber, dass Bewerber falsche Angaben machen, wenn es um bisherige Tätigkeiten oder Qualifikationen, wie zum Beispiel Sprachkenntnisse geht.
Auch in puncto Aufgaben / Verantwortung, beim Gehalt und bei Software-Kenntnissen flunkern deutsche Bewerber ganz gern. Ganz zu schweigen von der Frage nach den Schwächen, bei der viele Kandidaten lieber auf eine Standard-Antwort zurückgreifen, als ehrlich zu sein.
Dabei wünschen sich die meisten Personaler im Grunde nur eines, nämlich Authentizität. Erst dann wirkt ein Kandidat glaubwürdig und überzeugend, sympathisch und zudem gefestigt in seiner Persönlichkeit. Auf der anderen Seite bedeutet Authentizität aber auch nicht, gnadenlos ehrlich zu sein.
Bei diesen Punkten sollten Bewerber ehrlich antworten
Kenntnisse/Erfahrungen/Fähigkeiten
- Bewerber, die hier auf den Putz hauen und sich beispielsweise einen sehr guten Umgang mit Excel bescheinigen, obwohl sich die Fähigkeiten auf das Berechnen der Summe beschränken, tun sich keinen Gefallen. In der Probezeit kann die Kündigung schnell mal auf dem Tisch liegen, wenn derartige Lügen herauskommen.
Stärken und Schwächen
- Auch in diesem Bereich tun Bewerber gut daran, möglichst ehrlich zu sein. So ist es wenig ratsam, sich mit Organisationsgeschick zu schmücken, wenn man schon damit überfordert ist, sich einen Zahnarzttermin zu besorgen. Bei den Schwächen sollte man sich nicht hinreißen lassen, „Perfektionismus“ anzugeben. Stattdessen sollte man eine tatsächliche Schwäche nennen, die jedoch keinen negativen Einfluss auf die auszuübende Tätigkeit hat.
Motivation
- In jedem Bewerbungsgespräch wird der Kandidat gefragt. „Warum möchten Sie bei uns arbeiten?“ oder „Warum haben Sie sich bei uns beworben?“. Gerade bei diesen Fragen sollten Bewerber ehrlich sein. Wer sich einer Standard-Antwort aus dem Netz bedient, wird erstens wenig überzeugend wirken, zweitens ist es wichtig, sich über die eigene Motivation im Klaren zu sein.
Wann zu viel Ehrlichkeit im Vorstellungsgespräch schadet
Wechselbereitschaft
- Zu viel Ehrlichkeit im Vorstellungsgespräch kann auch von Nachteil sein, zum Beispiel bei der Frage: „Warum möchten Sie Ihren aktuellen Arbeitgeber wechseln?“ Denn kein Personaler möchte dann Lästereien oder Schimpftiraden über den aktuellen Arbeitgeber hören. So ehrlich und wahr diese auch sein mögen.
Hobbys
- Wenn Personalverantwortliche nach Freizeitbeschäftigungen fragen, erhoffen sie sich meist ein rundes Bild von der Persönlichkeit eines Bewerbers. Wenn derjenige aber seine durchweg lebensgefährlichen Hobbys wie Eisklettern oder Base Jumping aufzählt, dürften beim Personaler alle Alarmglocken schrillen.
Eigene Fragen
- Wenn ein Kandidat aufgefordert wird, eigene Fragen zu stellen, sollte er zwar ehrlich sein und auch ehrliches Interesse zeigen, jedoch nicht über das Ziel hinausschießen und sich einzig über Urlaubstage, Sabbaticals oder sonstige Vorteile des Unternehmens informieren.
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