Fleißbildchen und Planwirtschaft
Der Plan für den durchschnittlich ehrgeizigen jungen Menschen sieht vor, dass er möglichst unfallfrei die Schule durchläuft, anschließend eine Berufsausbildung absolviert oder auch studiert und dann, mit den entsprechenden Noten und Qualifikationen ausgestattet, ins Berufsleben eintritt. Ob das auf der jeweiligen Schulstufe klappt, das konnte man früher an der Zahl Fleißbildchen ablesen und zum Schuljahrsende schwarz auf weiß in den Noten für „Betragen“ und „Aufmerksamkeit“. Bemerkungen wie „Sabine lässt sich manchmal durch Schwätzen ablenken.“ zeigten, dass auch damals schon das reale Leben dem guten Willen Probleme bereitete. Die andere Einordnung ins System: die Noten. Die scheinen ausschlaggebend zu sein. Ausschlaggebend, ob man die erträumte Lehrstelle, den gewünschten Studienplatz bekommt. Ausschlaggebend auch dafür, wie dann der Start ins Berufsleben verläuft.
Gutes Examen = gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt, oder?
Oder doch nicht? Da ist erst mal die Frage, was denn genau ein „gutes Examen“ ist und wo es endet. Bei 1,9 als Notendurchschnitt? Bei 2,3? Oder doch erst so um die drei herum? Und wie lange ist so ein Notendurchschnitt ausschlaggebend? Muss man sich für gute Noten rechtfertigen? Und schlechte erklären durch eigene Krankheit oder Ereignisse wie den Tod nahestehender Personen?
Fleißbildchen und gute Noten aus der Grundschulzeit verloren ihren Wert mit dem Übergang ans Gymnasium, das gute Schulabgangszeugnis, wenn man den gewünschten Ausbildungsplatz gefunden hat, das Abitur mit Beginn des Studiums. Und danach? Schleppt man schlechte Noten ein ganzes Berufsleben als Last mit sich herum? Beflügelt ein Einser-Examen jeden Jobwechsel bis ins hohe Berufsalter?
Weder das eine noch das andere ist richtig. Gute Noten – und im weiteren Berufsleben erhaltene gute Zeugnisse – machen es zwar leichter, eine Stelle zu finden, aber sie sind keine Garantie. So mancher, der beispielsweise aufgrund von Arbeitsplatzverlagerungen, Personalabbaumaßnahmen oder Insolvenzen nach langer Zeit im Unternehmen arbeitslos wird, tut sich schwer, nahtlos einen neuen Arbeitgeber zu finden. Und das, obwohl er auf eine erfolgreiche berufliche Vergangenheit zurückblicken kann.
Ist kein Plan nicht auch ein Plan und wozu dann Fleißbildchen?
Ist also alle Mühe umsonst? Alle Fleißbildchen überflüssig? Wäre man besser wie Pipi Langstrumpf durchs Leben gegangen und hätte sich – zwei mal drei macht vier widewidewitt und drei macht neune – die Welt so gemacht, wie sie einem gefallen würde? Und wissen wir nicht alle aus unserer jüngsten Geschichte, dass Planwirtschaft so gut wie nie klappt? Ich glaube, keiner kann diese Frage allgemeingültig beantworten. Bleibt, nach Ratschlägen kluger Menschen zu schauen und zu hören, was der Volksmund sagt:
- Präzise planen kostet in der Regel auch nicht mehr Energie, als träumen, wünschen und hoffen. (Sprichwort)
- Wie töricht ist es, Pläne für das ganze Leben zu machen, da wir doch nicht einmal Herren des morgigen Tages sind. (Seneca)
- Gut vorbedacht – schon halb gemacht. (Volksmund)
- Pläne sind die Träume der Verständigen. (Ernst Freiherr von Feuchtersleben )
- Je planmäßiger die Menschen vorgehen, desto wirksamer trifft sie der Zufall. (Friedrich Dürrenmatt)
Und zu guter Letzt:
- „Wirklich innovativ ist man nur dann, wenn einmal etwas danebengegangen ist.“ meint Woody Allen.
Und das werden wir doch noch hinbekommen! Und dann ganz kreativ planen!
Ihre Sabine Kanzler
Bild: OperationPaperStorm | flickr.com | CC by 2.0 | Ausschnitt