Kosmetik für den Lebenslauf: Wer kommt ohne Schminke aus?
Der Ausdruck Kosmetik stammt aus dem Altgriechischen. Das Verb kosméo hat die Bedeutung von „ordnen“, „schmücken“. Wikipedia meint, es ginge bei Kosmetik um „Körper- und Schönheitspflege bzw. die Erhaltung, Wiederherstellung oder Verbesserung der Schönheit des menschlichen Körpers.“ Der Duden macht es kürzer. Er bezeichnet Kosmetik als „die Kunst des Schmückens.“ Nun wird die Kunst des Schmückens nicht nur in Bezug aufs eigene Aussehen betrieben. Man nutzt auch gerne etwas Kosmetik für den Lebenslauf, wenn es um die Selbstdarstellung bei der Jobsuche geht. Denn schließlich heißen die Unterlagen, die man beim suchenden Unternehmen einreicht, „Bewerbungsunterlagen“ und nicht „Beschreibungsunterlagen“, nicht wahr? Und in der Werbung ist doch das Aufpolieren, das Schmücken, das Schönmachen des Produktes erlaubt. Warum soll also nicht beim eigenen beruflichen Werdegang Vergleichbares gelten?
Kosmetik für den Lebenslauf: Wieviel ist zuviel?
Doch schon wird es schwierig. Denn wie viel Kosmetik für den Lebenslauf ist erlaubt? Wo endet das Aufpolieren und beginnt die Schönheitsoperation und damit die Lüge? Es gibt berufliche Entwicklungen, die vertragen jede Art der Darstellung. Eine zügig und gut absolvierte Ausbildung, zwei oder drei berufliche Stationen – bei jeder erkennbar ein Schritt in Richtung einer Ausweitung des Verantwortungsbereiches – dazu vielleicht noch Sprachkenntnisse. Dann das „richtige“ Alter und eine gesuchte Qualifikation … so jemand braucht keine Kosmetik für den Lebenslauf. Der braucht höchstens ein bisschen Sorgfalt bei der Darstellung seiner Entwicklung. Der sieht auch ungeschminkt gut aus! Obwohl …
Wenn man die Fotos von ungeschminkten Top Models betrachtet, dann sieht man hübsche Gesichter. Die volle Dramatik (und damit all die Möglichkeiten, die darin stecken), entfaltet sich erst, wenn der Visagist sein Werk vollendet hat. Glamour für den Abend, dezentes Makeup für den Businessalltag. Passgenau für die verschiedenen Gelegenheiten.
Die ungeschminkte Wahrheit?
Gleiches gilt für Lebensläufe. Wer sich mit den Anforderungen des Unternehmens auseinander gesetzt hat, wer also weiß, welche Erfahrungen und Kompetenzen gesucht werden, der weiß auch, was er besonders in Szene setzen möchte. Konsequent durchführt erhält so ein Lebenslauf Glanz. Und die Informationen, die der Empfänger braucht, um die Eignung des Kandidaten für den Job festzustellen. Denn eines ist klar: Gedanken lesen kann der Empfänger Ihrer Bewerbung nicht. Was man ihm nicht im Anschreiben oder im Lebenslauf mitteilt, das wird er nie erfahren. Sei es noch so relevant für seine Entscheidung, den Bewerber zur persönlichen Vorstellung einzuladen oder nicht.
Fast jedes berufliche Leben gibt eine Anpassung an die unterschiedlichen Anforderungsprofile her. Das würde allerdings zusätzliche Arbeit bedeuten. Jede interessante Stellenanzeige analysieren, zu jedem dieser Unternehmen Informationen suchen. Jedes Mal neu überlegen, welche Informationen für die konkrete Stelle wohl wichtig sind und welche weniger … Man könnte also, wenn man nur wollte. Aber kaum einer will. Copy & paste ist bequemer – vergibt jedoch eindeutig Chancen.
Und was macht jemand mit einer ungeordneten, bewegten, ja chaotischen beruflichen Vergangenheit? Bekommt der überhaupt eine Chance? Hilft da noch Kosmetik für den Lebenslauf? Oder braucht es in solch einem Fall den beherzten Schnitt, mit dem der Autor Schwieriges entfernt? Und statt dessen eine attraktivere Vergangenheit implantiert? Denn schließlich will und muss man ja trotz der gemachten Fehler bis zur Rente seine Brötchen verdienen …
Ihre Sabine Kanzler
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