Der Zeugnisberichtigungs-anspruch
Verständlicherweise ist die Erteilung eines schlechten Zeugnisses ein Ärgernis für den Arbeitnehmer. Denn das Arbeitszeugnis ist wichtig für die berufliche Zukunft. Bekommt man ein unvollständiges oder unrichtiges Zeugnis, besteht ein Zeugnisberichtigungsanspruch. Unterschieden wird hier zwischen der Nichterteilung und der Notwendigkeit einer inhaltlichen Korrektur.
Zeugnisberichtigungsanspruch kann eingeklagt werden
Unzufriedenheiten hinsichtlich des erteilten Zeugnisses sollten schnell aus der Welt geräumt werden. Hier kann sich der Gang zum Anwalt lohnen. Hat der Arbeitnehmer bereits eine größere Erwerbsbiographie, so hilft auch einfach der gesunde Menschenverstand und die Erfahrung, um zu beurteilen, ob das Zeugnis so akzeptabel ist. Findet sich keine Einigung mit dem Arbeitgeber, so muss man den Zeugnisberichtigungsanspruch beim Arbeitsgericht eingeklagen.
Hier besteht dann die Besonderheit, dass der Arbeitnehmer – der grundsätzlich keinen Anspruch auf bestimmte Formulierungen hat – in seinem Antrag unter Angabe des möglichst vollständigen Wortlauts einzelne zu ändernde Passagen formulieren kann und sollte (also z.B.: „In Zeile x ist die Formulierung ‚Sie zeigte eine zufrieden stellende Arbeitsweise‘ durch die Formulierung ‚Ihre Aufgaben erledigte sie stets selbständig mit äußerster Sorgfalt und größter Genauigkeit‘ zu ersetzen.“).
Der Antrag ist natürlich auch zu begründen. Hier kann ein altes Zwischenzeugnis (desselben Arbeitgebers) oder der Nachweis bestimmter Prämienzahlungen helfen. Gegebenenfalls kann man auch Kollegen und Vorgesetzte als Zeugen benennen, um die abweichende, bessere Beurteilung unter Beweis zu stellen. Aber wer muss hier eigentlich was beweisen?
Wer hat die Beweislast?
Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 14.10.2003 (9 AZR 12/03) ausgeführt, dass der Arbeitgeber zwar einen gewissen Beurteilungsspielraum hat. Allerdings sind die Tatsachen, die der Arbeitgeber seiner Leistungsbeurteilung zugrunde gelegt hat, voll gerichtlich überprüfbar. Die Rechtsprechung hat hier hinsichtlich der Beweislast eine Regel aufgestellt, die ich gerne mit einem Pendel vergleichen will.
Der Arbeitnehmer hat danach grundsätzlich Anspruch darauf, dass ihm eine befriedigende/durchschnittliche Leistung attestiert wird. Will der Arbeitgeber hiervon „nach unten“ abweichen, so muss er die mangelnde Leistung des Arbeitnehmers beweisen. Will der Arbeitnehmer hingegen – hier schwingt das Pendel in die andere Richtung – seine Leistung deutlicher betont wissen, so muss er dies unter Beweis stellen.
In der Regel besteht also immer die Chance, „vernichtende Werturteile“ des ehemaligen Arbeitgebers, sofern man diese als solche auch erkennt, aus der Welt zu räumen. Dies zu versuchen, dürfte in jedem Fall besser sein, als das schlechte Zeugnis bei Bewerbungen zu unterschlagen. Denn nichts fällt potenziellen Arbeitgebern mehr auf, als eine Lücke in der Erwerbsbiographie.
Ihr
Edmund Hellmich
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