Arbeitsplatzzufriedenheit: Schuld oder Nichtschuld…
…das ist hier (frei nach Shakespeares „Hamlet“) die Frage. Wer hat die Antwort? Die Unternehmensberatung Towers Watson hatte weltweit 32000 Arbeitnehmer befragt (1000 davon waren aus Deutschland), welche Kriterien für sie bei der Auswahl eines Arbeitgebers relevant seien. An erster Stelle stehen die Sicherheit des Arbeitsplatzes, an zweiter Stelle die Höhe des Grundgehaltes. Weiterhin steht bei der Folgefrage, was Arbeitnehmer im Unternehmen hält, an erster Stelle das Grundgehalt, dann erst folgen die Karriereperspektiven.
Was ist mit der Arbeitsplatzzufriedenheit?
Die wirtschaftliche Lage in Deutschland scheint im europäischen Vergleich immer noch eine Insel der Glückseeligen zu sein. Der ifo Geschäftsklimaindex, der 2009 tief, tief im Keller war, ist seither kräftig gestiegen und pendelt nun auf vergleichsweise hohem Niveau hin und her. Die Gesamtbeurteilung der Geschäftslage war nach einer Grafik des Institutes noch vor zehrn Jahren wesentlich schlechter als zurzeit. Demzufolge müsste das Gefühl der Arbeitsplatzsicherheit also relativ stabil ausgeprägt sein.
Arbeitsplatzzufriedenheit ist eine feine Sache. Dessen ungeachtet sinkt sie in Deutschland laut Angaben von Gallup. Laut dem sogenannten Engagement-Index ist nahezu jeder dritte Arbeitnehmer, der sich nicht emotional an sein Unternehmen gebunden fühlt, aktiv auf Jobsuche.
Wer ist nun schuld?
Vor dem Hintergrund der beschriebenen Fakten betrachtet stellen sich Fragen nach der vergleichsweise niedrigen Arbeitsplatzzufriedenheit von Mitarbeitern vor einem flirrenden Hintergrund. Vor allem nach den Ursachen, sollte diese nicht im erhofften Umfang vorhanden sein.
Bisher sind die schnell ausgemacht: Das Management ist schuld! Oder besser: Der einzelne Manager. Er lobe zu wenig, er sei nicht teamorientiert genug, er unterstütze und fördere seine Mitarbeiter nicht im ausreichenden Maße. Außerdem solle er mehr Sozialkompetenz haben, sich um die Belange der Mitarbeiter kümmern, „Coach“ und „Motivator“ sein.
Gerade Letzteres ist eine Forderung, die viele Befürworter hat – in der Literatur, in allgemeinen Überlegungen zur Rolle von Vorgesetzten. Und eine ganze Reihe von Trainern hat das Thema gerade auch im Vertrieb für sich entdeckt und bietet Seminare an, in denen der Vorgesetzte all das lernen kann.
Immer nur der Manager?
So weit, so gut. All das gibt aber keine Antwort auf Fragen wie die folgenden:
- Gibt es einen Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Lage und allgemeiner Arbeitsplatzzufriedenheit? Zwischen wirtschaftlicher Lage und Zufriedenheit mit „dem Management“? Gibt es Zeiten, in denen allein die Tatsache, einen halbwegs vernünftigen und ordentlich bezahlten Job zu haben, schon diese Zufriedenheit auslöst?
- Warum ist „Zufriedenheit mit dem Management“ kein Kriterium bei der Auswahl des Arbeitsplatzes?
- Sind die eigenen Erwartungen und Ansprüche an die Arbeitsplatzzufriedenheit vielleicht so vielfältig und nicht genügend durchdacht, dass die „Unfähigkeit des Managers“ als Sammelbecken für alles herhalten muss?
- Und last, but not least: Ist wirklich die Mehrzahl aller Mitarbeiter eines einzigen Vorgesetzten mit diesem unzufrieden? Dann würde sich im konkreten Fall die behauptete Unfähigkeit bestätigen und der Manager wäre die Stellschraube zur Verbesserung der Situation.
Keine Frage, es gibt cholerische, unhöfliche, ja unfähige Vorgesetzte. Das kann und soll hier nicht infrage gestellt werden. Auch nicht die Tatsache, dass die ihr Verhalten überdenken und verändern sollten. Aber es gibt auch eine andere Seite: Wünsche, Hoffnungen, Anforderungen von Mitarbeitern. Sind die realistisch? Oder haben wir hier eher ein Luxusproblem? Die Studie dazu fehlt noch. Zumindest steht sie nicht regelmäßig in der Presse.
In diesem Sinne frohes Schaffen, hilfreiche Vorgesetzte und in der Regel gut gelaunte Mitarbeiter.
Ihre Sabine Kanzler
Siehe auch: Erwartungen an den Arbeitsplatz – nocheinmal die Schuldfrage
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