Shit happens! Shit happens?
„Shit happens“ – sagt man! „Shit“ frei übersetzt mit „Fehler“, denn man nutzt diesen Spruch ja meistens, wenn etwas ganz unerwartet schief geht. Wirklich? Es passiert „einfach so“, dass etwas schief geht? Ohne jedes Zutun von außen? Ohne Ihr Zutun? Wann machen Sie bevorzugt Fehler? Denn dass Sie Fehler machen, das steht außer Frage. Jeder macht Fehler, größere, kleinere, schlimme, solche, über die man hinweg gehen kann, solche, die hängen bleiben und die wir uns und anderen nicht verzeihen.
Wie wir mit Fehlern umgehen, hängt von verschiedenen Bedingungen ab:
- Die Fehler anderer spießen wir gern auf, reiten schon mal darauf herum und wissen es besser. Uns wäre das so nicht passiert! Wir hätten es kommen sehen und hätten deshalb anders entschieden! Trainer der Fußballnationalmannschaft kennen das Phänomen gut! Von den rund 80 Millionen Deutschen wissen mindestens zwei Drittel davon besser, wie es gehen würde!
- Über unsere Fehler breiten wir gerne den Mantel des Schweigens in der Hoffnung, dass es keiner gemerkt hat, dass da etwas schief gegangen ist. Sie wissen schon, die Sache mit dem Splitter und dem Balken – in Matthäus 7,3: „Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge, und wirst nicht gewahr des Balkens in deinem Auge?“
Es gibt Fehler, die man hätte vermeiden können – wenn man sich an festgelegte Abläufe gehalten hätte, wenn man das dritte und vierte Glas Wein nicht getrunken hätte und damit einen klaren Kopf behalten hätte, wenn man die Ablage sorgfältiger gemacht, das Manual sorgfältiger gelesen hätte, kurz: wenn man ein bisschen genauer hingeschaut hätte mit mehr Zeit, mehr Konzentration, mehr Sorgfalt.
Solche Fehler sind aus der Sicht der anderen oft verzeihlich, sicher aber ärgerlich. Nichts desto trotz können diese Fehler schwerwiegende Folgen haben. Man ist also mehr oder weniger genervt vom Kollegen, wenn so ein Verhalten regelmäßig vorkommt und der gar keine Anstalten macht, irgendetwas bei sich zu ändern. Ist man ebenso genervt von sich selbst?
Und dann gibt es noch die Fehler, die entstehen durch „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.“ Das sind die Zocker und deren gehäuftes Auftreten unter den Mitarbeitern auf allen Ebenen hat schon Banken fast in den Ruin getrieben, wenn so ein Fondsmanager mal fix sein Limit überschritten und ein paar Millionen durch Fehleinschätzungen versenkt hat. Gehören Sie im kleinen Rahmen zu dieser Kategorie?
Es gibt die gut begründete Theorie, dass eine unbedingte Fehlerfreiheit im Entstehungsprozess eines Produktes oder einer Dienstleistung kein Ziel an sich sein kann, weil ein System dadurch erstarre und dann keine Entwicklung mehr stattfinde. Vielmehr gehe es darum, Fehler öffentlich zu machen und aus ihnen zu lernen.
Unternehmen und damit auch die jeweiligen Vorgesetzten gehen unterschiedlich mit Fehlern um. Wie ist das bei Ihnen? Dürfen Fehler zugegeben werden, ohne dass dem Mitarbeiter gleich ein Strick daraus gedreht wird? Setzen Fehler eher einen Prozess des Nachdenkens in Gang oder einen Prozess gestaffelter Sanktionen, an dessen Ende dann Abmahnung und Kündigung stehen?
Und zum Schluss: Manchmal (ok, wirklich nur manchmal, nicht immer!) entsteht aus Fehlern etwas richtig Gutes: aus der Schlamperei von Alexander Fleming, der 1928 während seines Sommerurlaubs das Fenster seines Labors offen ließ! So konnten nämlich Pilzsporen auf den Eitererregern landen, die Fleming auf seine Versuchsplatten aufgetragen hatte. Aus der vermeintlichen Gammelmischung wurde einer der wichtigsten Arzneiwirkstoffe des vergangenen Jahrhunderts: das Penicillin.
Oder aus der Tatsache, dass der Erzbischof von Fulda 1795 zu unpassender Zeit auf der Jagd war und deshalb den Reiter nicht pünktlich losschicken konnte, um den Mönchen seines Klosters Johannisberg die Erlaubnis zur Weinlese rechtzeitig zu schicken. Die Mönche warteten und warteten und mussten zusehen, wie die Trauben an den Stöcken immer mehr faulten und schrumpften. Dass sich dahinter Botrytis verbarg und mit den „verdorbenen“ Trauben ein Wein außerordentlicher Qualität herstellen ließ, stellte sich erst jetzt heraus.
Da bekommt doch die Aussage des Volksmundes „Aus Schaden wird man klug!“ gleich eine ganz andere Bedeutung. Eine ziemlich lukrative!
Auf dass Ihre Fehler ähnlich erfolgreich sein mögen …
Ihre Sabine Kanzler
26.02.2015
Bild: Megan Cole | flickr.com | CC by 2.0 | Ausschnitt