Kind und Karriere: Geht das im Vertrieb?
Veröffentlicht am 03.02.2021
Die Zeiten, als Mama bei den Kindern zuhause blieb und Papa das Geld verdiente, sind noch gar nicht so lange her. Inzwischen hat sich vieles geändert und es gibt immer mehr berufstätige Frauen. Trotzdem stehen die allermeisten irgendwann vor der Frage: Was passiert mit meiner Karriere, wenn ich mich für ein Kind entscheide? Man sollte meinen, dass das heutzutage doch alles gar kein Problem ist. Aber stimmt das auch? Gerade im Vertrieb kann das Thema Kind und Karriere schon eine ziemliche Herausforderung sein. Was etwa, wenn frau im Außendienst unterwegs ist? Oder der nächste Karriereschritt maßgeblich von Verkaufserfolgen und Umsatzzielen abhängt, die sich aber wegen des Zeitaufwands für die Kinderbetreuung kaum erreichen lassen?
In der Vergangenheit hat sich in puncto Vereinbarkeit von Familie und Beruf manches getan. Dennoch sind es nach wie vor überwiegend Frauen, die sich zwischen Kind und Karriere entscheiden (müssen). Natürlich ist ein Neugeborenes in der allerersten Zeit auf die Mutter angewiesen. Das Mutterschutzgesetz (↗ MuSchG) schützt Mutter und Kind während der Schwangerschaft und in dieser allerersten Zeit in besonderem Maße. Und dann – kann frau danach einfach wie gewohnt weitermachen? Das gelingt nur, wenn die Kinderbetreuung so gewährleistet ist, dass Kind und Karriere wirklich unter einen Hut passen.
Kind und Karriere kann im Vertrieb schwierig sein
Zwar hat sich der Gesetzgeber beispielsweise mit dem Elterngeld und dem Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz einiges einfallen lassen. Aber es gibt derzeit gar nicht genug Betreuungskapazitäten und ein Rechtsanspruch allein zaubert die nötigen Plätze noch lange nicht herbei. Auch die Tatsache, dass immer mehr Väter Elternzeit nehmen, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie nach wie vor eine Minderheit darstellen. Außerdem entscheiden sie sich meist für eine relativ kurze Auszeit, weil sie sonst einen Karriereknick befürchten. Frauen dürfte es aber kaum anders ergehen.
Vor allem der Außendienst mit Kind stellt viele Vertrieblerinnen vor Probleme. Lukrative Aufträge gehen plötzlich an die männlichen Kollegen. Stattdessen bekommen sie Aufgaben zugeteilt, die weder ihren Neigungen noch ihrem ursprünglichen Einsatzgebiet entsprechen. Und Außendienst heißt nicht zuletzt: Kundenbesuche. Schwer vorstellbar, das Kind einzupacken und mitzunehmen, wenn es mit der Betreuung mal nicht klappt, oder? Es sei denn, die Kunden sind besonders tolerant oder es geht um den Vertrieb von Babyprodukten.
Auf der anderen Seite ist es aber auch für Unternehmen nicht immer so einfach, Kind und Karriere zu ermöglichen. Wenn es darum geht, interne Abläufe zu planen, kann es Probleme geben, falls eine ausreichende Kinderbetreuung nicht sicher gestellt ist. Können vereinbarte Kundenbesuche oder bestimmte Fristen ohne Weiteres eingehalten werden? Was passiert, wenn das Kind plötzlich krank wird? Vielleicht mit ein Grund, warum nach wie vor relativ wenige Frauen Vollzeit im Vertrieb, geschweige denn im Außendienst, arbeiten? Weil viele Personalverantwortliche immer noch im Hinterkopf haben: Ach, da kommt irgendwann ein Kind und dann ist die Mitarbeiterin sowieso nicht voll einsetzbar?
Warum Unternehmen Vertrieblerinnen brauchen
Das ist in allererster Linie eine Einstellungssache. Selbstverständlich gibt es Frauen, die mit Kind ihre Karrierepläne auf Eis legen. Aber in der heutigen Zeiten werden es immer weniger. Und gerade der Vertrieb wird es sich in Zukunft kaum noch leisten können, auf Frauen im Vertriebsteam zu verzichten. Denn der Vertrieb gehört mit zu den meistgesuchten Berufsgruppen. Auf lange Sicht droht hier ein Fachkräftemangel, wenn er nicht schon da ist. Die Einstellung von Vertrieblerinnen kann eines der Instrumente sein, um dem entgegenzuwirken.
Darüber hinaus sprechen Frauen eine andere, emotionalere Sprache, die hilft, neue Kundenkreise zu erschließen. Man weiß auch nicht erst seit gestern, dass gemischte Teams erfolgreicher sind. Somit alles gute Gründe, als Vertriebsorganisation für Frauen attraktiv zu werden. Dazu gehört, für Kind und Karriere offen zu sein. Als Unternehmen hat man hier einiges selbst in der Hand. Zuerst steht dabei sicherlich ein Umdenken und ein Loslösen von alten Rollenvorstellungen.
Welche Möglichkeiten gibt es, Kind und Karriere zu vereinen?
Es kommt darauf an, eine Struktur im Unternehmen zu schaffen, die der Karriere als Mutter keine Steine in den Weg legt. Mütter, und selbstverständlich genauso Väter, müssen flexibel sein. Sich als Arbeitgeber darauf einzustellen und eine relativ freie Einteilung der Arbeitszeiten zu ermöglichen, bildet einen wichtigen Schritt. Weil die persönliche Anwesenheit im Vertrieb nicht immer zwingend notwendig ist, können beispielsweise Homeoffice-Optionen ein gutes Angebot sein. Viele Mütter entscheiden sich für eine Teilzeittätigkeit, wenn sie nach der Elternzeit in ihren Job zurückkehren. An dieser Stelle muss die Karriere jedoch nicht auf der Strecke bleiben. So lässt sich im Rahmen von Job-Sharing selbst eine Führungsposition aufteilen.
Einige Arbeitgeber bieten inzwischen sogar eine eigene, interne Kinderbetreuung an. Das kann natürlich nicht jedes Unternehmen stemmen. Trotzdem sollten Kind und Karriere kein Widerspruch sein. Rückhalt und Verständnis, sowohl seitens der Unternehmensleitung als auch im Kollegenkreis, sind hierzu eine elementare Grundlage. Wenn Frauen nicht fürchten müssen, übergangen zu werden oder gar ihren Job zu verlieren, sollte sich die Frage: Kind oder Karriere? gar nicht erst stellen. Aber das hängt, wie gesagt, im Wesentlichen von der inneren Haltung ab. Nicht zuletzt sorgt ein familienfreundliches Arbeitsumfeld übrigens ganz nebenbei für Mitarbeiterbindung und stärkt das eigene Image.
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