Teambuilding: Zu zweit aufstellen und durchzählen!

Was so begann und – je nach Alter mehr oder weniger regelmäßig im Laufe der Veranstaltung wiederholt wurde – nannte man früher „Wandertag“. Der fand in jedem Schulhalbjahr einmal statt und das alles ist eine gefühlte Ewigkeit her. Wie es der Begriff schon sagt, wurde gewandert. In meiner Schulzeit mal in flachem Gelände, mal eher bergauf und bergab, je nach den Vorlieben des Klassenlehrers. Die Begeisterung bei uns Schülern hielt sich manchmal in Grenzen. Da aber die Alternative, den Tag in der Schule in einer anderen Klasse zu verbringen, nicht wirklich attraktiv war, ging man eben mit und dann war es doch eigentlich immer sehr lustig.

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Früher Betriebsausflug – heute Teambuilding

Später gab es dann den Betriebsausflug. Auch da genügte es, wenn man miteinander einen leidlich vergnügten Tag verbrachte. Wenn man mit dem eigenen Alkoholkonsum beim geselligen Zusammensein vorsichtig war, damit man nicht unter dem Einfluss desselbigen dem Chef endlich mal all das sagte, was schon lange mal gesagt werden musste. Oder sich nicht mit dem Kollegen/der Kollegin in Situationen wiederfand, von denen man am nächsten Tag im Büro am liebsten nichts mehr gewusst hätte. Klare Verhältnisse also mit eindeutigen Lebens- und Überlebensstrategien für eine erfolgreiche Teilnahme.

Heute sind wir weiter! Heute wollen Unternehmen, die etwas auf sich halten, nicht mehr einfach, dass Ihre Mitarbeiter einen netten Tag miteinander verbringen. Nein, das Verhalten von Mitarbeitergruppen soll auf das Erreichen bestimmter Ziele hin optimiert werden. Teambuilding ist das Zauberwort, nur Spaß zu haben ist eindeutig zu wenig.

Wenn jedoch eine gemeinsame Unternehmung in Kollegenkreis unter diesem Stern steht, dann stellen sich ganz andere Fragen: Muss man mit? Was ist wenn man überhaupt keinen Zugang hat zu dem, was da so geplant wird? Wenn man so richtig (sagen wir es deutlich!) null Bock auf eine solche Veranstaltung hat?

Denn professionell geplante Teambuilding Events gibt es viele. Manche eher skurril, manche sogar mit Trainern, die anleiten, Prozesse in Gang setzen und sie begleiten: Kletterparks, Scherbenlaufen, Teampainting, Trommeln, Gruselevents … Die Planung eines gemeinsamen Kochens kann da schon bei passionierten Kochverweigerern Aufatmen auslösen, wenn als Alternative eine Wanderung mit „Überlebenstraining“ auf der Agenda steht.

Teambuilding mit Gruppenzwang

Machen wir uns nichts vor: Es herrscht ein gewisser Gruppenzwang. Die Erwartung an jeden einzelnen mitzumachen, ist spürbar. Nur, wer starke Nerven, ein dickes Fell und eine unangefochtene Position im Unternehmen hat, kann sich dem entziehen. Verschärfte Bedingungen herrschen, wenn die Veranstaltung auf einem Schiff, in einer abgelegenen Gegend ohne Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel stattfinden soll. Da ist dann erst mal kein Entkommen.

Sicher, das alles kann sehr nett werden und es kann auch positiv auf die Arbeitsatmosphäre wirken. Wenn beispielsweise eine Gruppe so homogen ist, dass alle sportliche Aktivitäten mit Abenteuercharakter mögen. Und alle gesund und beweglich genug sind um mitzumachen. Wenn man gewohnt ist, in Gruppen aktiv zu sein. Wenn das Event alle Altersgruppen anspricht und nicht nur eine Teilgruppe.

Trifft das alles nicht zu, weil man sich zu dick, zu alt oder zu unsportlich dafür fühlt, wenn man eher zur Eigenbrötlerei neigt beispielsweise, dann sieht es finster aus. Dann bleibt nur Schwänzen oder Krankmelden. Und dann kommt durch die Abwesenheit einzelner Kollegen eine ganz spezielle Art von Gruppendynamik zustande. Die muss man ggf. erst einmal aufarbeiten.

Ein hartgekochtes Ei

Die Trauben, durch solch einen Event eine nachhaltig positive Wirkung auf das Betriebsklima zu erzielen, hängen also ziemlich hoch. Ob sie überhaupt erreichbar sind, hängt vom Vorher und Nachher ab. Wie vorher die Stimmung ist, wie zufrieden die Mitarbeiter mit den Arbeitsbedingungen, dem allgemeinen Umgang miteinander sind und ob man nachher die gewonnenen verbesserten Beziehungen im Arbeitsalltag auch angemessen pflegen und weiterführen kann.

Wenn diese Bedingungen nicht gegeben sind, kann man es dann auch gelassen angehen lassen. Was wirklich in Erinnerung bleibt von solchen Veranstaltungen, stellt sich sowieso erst nach Jahren heraus. Wie diese kleine Geschichte, die mir erzählt wurde: „Nach drei Minuten im Bus packte jemand bei unseren Schulausflügen regelmäßig ein hartgekochtes Ei aus und verzehrte es – worauf der pupsähnliche Geruch durch den Bus waberte …“

Ein wirklich intensives, ja fast schon traumatisches Erlebnis! Seien Sie froh, wenn Ihre nächste Unternehmung mit Kollegen im Freien stattfindet!

Eine vergnügte Zeit wünscht
Ihre Sabine Kanzler

Bild: Ausflug (Wandertag) der Privatschulklasse Aulenbach zur Ziegelei Guddat, nördlich von Aulenbach (1941), Lothar Kuprat, Bremen
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