Telearbeit – Rechte & Pflichten im Homeoffice
Veröffentlicht am 24.10.2016 |Update vom 14.01.2021
Direkt zu: Was ist der Unterschied zwischen Telearbeit und Heimarbeit? | Welche rechtlichen Grundlagen gelten für Telearbeit? | Braucht man gesonderte vertragliche Regelungen für das Homeoffice? | Wie steht es um Arbeitssicherheit und Datenschutz bei der Telearbeit? | Wird Homeoffice zum Gesetz? | Update Januar 21: Pauschale
Das schöne neudeutsche Wort „Homeoffice“ bezeichnet im britischen Englisch Ihrer Majestät Innenministerium. Hierzulande ist damit natürlich kein Regierungsorgan gemeint. Stattdessen verwendet man den Begriff als Synonym für Telearbeit. Also das flexible Arbeiten von zuhause oder unterwegs mit Internet oder Telefon als Kommunikationsmittel. In diesem Zusammenhang ist des öfteren auch von Heimarbeit die Rede, was aber nicht ganz dasselbe ist. Mobiles Arbeiten von zu Hause oder gar von überall auf der Welt erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Doch welche Regeln und gesetzlichen Vorschriften müssen Arbeitnehmer und Arbeitgeber beachten, wenn sie sich für eine Homeoffice-Option entscheiden?
Abgrenzung von Telearbeit und Heimarbeit
Obwohl man Heimarbeit gelegentlich mit Telearbeit gleichsetzt, ist damit per Definition etwas anderes gemeint. Zwar gibt es Überschneidungen, denn sowohl Telearbeiter als auch Heimarbeiter üben ihre Tätigkeit zumeist daheim aus. Aber Heimarbeiter sind laut vorherrschender Meinung keine Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsrechts. Heimarbeiter arbeiten in der eigenen Wohnung oder an einem anderen selbstgewählten Ort im Auftrag Dritter. Dabei übernimmt der Auftraggeber die Verwertung bzw. den Vertrieb der Arbeitsergebnisse. In Heimarbeit Beschäftigte unterliegen nicht dem Direktionsrecht des Auftraggebers und sind auch nicht in dessen betriebliche Strukturen eingebunden. Andererseits haben sie aber oftmals einen arbeitnehmerähnlichen Status. Das heißt, sie sind von ihrem Auftraggeber abhängig. Um sie vor Ausbeutung zu schützen, wurde 1964 das Heimarbeitsgesetz (HAG) eingeführt. Das Gesetz regelt unter anderem Stück- bzw. Stundenlöhne sowie Fragen der sozialen Absicherung.
Das klassiche Bild der Heimarbeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts – Zwei Mädchen basteln am heimischen Wohnzimmertisch Papierblumen.
Lewis Hine: Two girls assembling paper flowers, New York, 1924 | Wikimedia Commons | trialanderrors auf flickr.com | This picture is in the public domain.
Welche rechtlichen Grundlagen gelten für Telearbeit?
Wer hingegen anstelle im Büro seine Arbeit von zuhause aus erledigt, ist ganz normaler Arbeitnehmer. Im Gegensatz zu den Vorschriften des HAG gibt es für die Telearbeit kein eigenes Gesetz. Mit anderen Worten, es gelten dieselben arbeitsrechtlichen Bestimmungen wie im Unternehmen. Dazu gehört beispielsweise das Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Die tägliche Arbeitszeit darf demnach auch im Heimbüro nicht überschritten und Pausen- sowie Ruhezeiten müssen eingehalten werden. Wenn man zuhause arbeitet, muss man also nicht permanent erreichbar sein und nach Feierabend telefonieren oder E-Mails beantworten. Sofern im Unternehmen das Kündigungsschutzgesetz (KschG) anwendbar ist, gilt es auch für den Telearbeitsplatz. Auch bei Urlaub und Krankheit bleibt alles wie gehabt.
Sofern es zu einem Arbeitsunfall kommen sollte, greift die gesetzliche Unfallversicherung. Allerdings ist dafür Voraussetzung, dass das Unfallereignis im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit steht. Während im Büro der Weg zum stillen Örtchen versichert ist, ist er es daheim nicht. Denn die Rechtsprechung geht einerseits von einer privaten Verrichtung aus. Andererseits gilt das eigene Zuhause als vertraute Umgebung, in der Gefahrenquellen bekannt sind. Außerdem erstreckt sich der Versicherungsschutz nur auf den Ort, an dem die Arbeit ausgeführt wird. Wer sich also sein Laptop unter den Arm klemmt, um auf dem Balkon weiterzuarbeiten, der hat Pech, falls auf dem Weg dahin etwas passiert.
Braucht man gesonderte vertragliche Regelungen für das Homeoffice?
Im Grunde genommen behält alles, was im normalen Arbeitsvertrag festgelegt ist, seine Gültigkeit. Sofern für die Arbeit in den eigenen vier Wänden weitere Fragen zu klären sind, genügt eine mündliche Absprache. Dennoch empfiehlt es sich, schon aus Gründen der Rechtssicherheit, Extraregelungen schriftlich festzuhalten. Hierzu gehört eine Dokumentationspflicht über die geleistete Arbeitszeit und die Arbeitsergebnisse. Sprich, in welcher Form und wie sollen diese an den Arbeitgeber übermittelt werden. Zudem sollte man sich auf Kernerreichbarkeitszeiten und Abgabefristen einigen.
Wenn Telearbeit dauerhaft geplant ist, macht es Sinn, einen gesonderten Telearbeitsvertrag abzuschließen. Dieser sollte zusätzliche Bestimmungen zu Arbeitsmitteln, Ausstattung des Heimbüros und Kostenbeteiligung enthalten. Insbesondere bei Letzterem ist die Rechtslage verschieden. Während die Rechtsprechung davon ausgeht, dass bei nur geringem Heimarbeitsanteil eine Kostenbeteiligung des Arbeitgebers eher nicht in Frage kommt, sieht das bei kompletter Teleheimarbeit anders aus. Denn arbeitet der Arbeitnehmer ausschließlich zuhause, ohne einen Arbeitsplatz im Unternehmen zu haben, ist eine Kostenpauschale zu zahlen.
Weil es in Deutschland, anders als z.B. in den Niederlanden, kein Recht (und auch keine Pflicht) aufs Heimbüro gibt, darf der Arbeitgeber Telearbeit nicht einfach anordnen. Der Arbeitnehmer dagegen hat keinen Anspruch darauf zuhause zu arbeiten. Etwas anderes mag gelten, wenn im Unternehmen Homeoffice generell üblich ist oder es eine entsprechende Betriebsvereinbarung gibt. Trotzdem kann sich der Arbeitnehmer nicht darauf berufen, dass andere Kollegen auch von zuhause arbeiten. Denn die Homeoffice-Option ist grundsätzlich eine individuelle Absprache.
Wie steht es um Arbeitssicherheit und Datenschutz bei der Telearbeit?
Im Betrieb ist der Arbeitgeber für die Sicherheit am Arbeitsplatz verantwortlich. Zahlreiche Vorschriften und Gesetze liefern hierfür den Rahmen. Aber lässt sich das auch auf das Heimbüro übertragen? Dazu kann man nur sagen: ja und nein. Wenn der Arbeitgeber den Telearbeitsplatz eingerichtet hat, gilt die Arbeitsstättenverordnung. Das heißt, der Arbeitsplatz muss dann den Anforderungen der Verordnung an Ausstattung und Sicherheit genügen. In diesem Fall ist der Arbeitgeber sogar verpflichtet, die Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen zu kontrollieren. Deshalb sollte man hier eine Zutrittsvereinbarung treffen, die regelt, wer wann zu welchem Zeitpunkt die privaten Räume des Arbeitnehmers für eine Überprüfung betreten darf.
Nun hat nicht jeder Lust dazu, den Arbeitsplatz zu Hause vom Chef einrichten und sich dann auch noch von ihm besuchen zu lassen. Hier ist die rechtliche Situation schwierig. Denn ohne Zustimmung kommt der Arbeitgeber nicht in die Wohnung des Arbeitnehmers. Zwar entbindet die Arbeitsstättenverordnung ihn dann von der Einhaltung der Vorschriften. Aber aufgrund übergeordneter Gesetze kann die Verantwortung für die Sicherheit fortbestehen. Unter diesen Umständen empfiehlt es sich, dem Arbeitnehmer zumindest Hinweise an die Hand zu geben, welche Aspekte in puncto Sicherheit im Heimbüro beachtet werden sollten.
➥ Zuhause arbeiten? – So bleibt die Produktivität im Homeoffice erhalten
Ebenso endet die Verpflichtung zum Schutz sensibler personenbezogener Daten nicht an der Tür zum Homeoffice. Sondern es muss sichergestellt werden, dass Unbefugte keinesfalls an diese Daten gelangen können. Weil Verstöße im Zweifel auf den Arbeitgeber zurückfallen, braucht es unbedingt strikte Regelungen. Unternehmenseigene Hard- und Software sollte ausschließlich für die Arbeit benutzt und entsprechend abgesichert werden. Darüber hinaus muss der Arbeitnehmer dafür sorgen, dass Dritte keinen Zugang zu Unterlagen und Arbeitsmitteln haben. Das bedeutet beispielsweise ein abschließbares Arbeitszimmer. Welche Maßnahmen konkret, auch zur Sicherung von Betriebsgeheimnissen, erforderlich sind, ist sicherlich auch von individuellen Gegebenheiten abhängig.
Wird Homeoffice zum Gesetz?
Jedenfalls ist das Thema Arbeiten im Heimbüro vor dem Hintergrund der Coronakrise im Augenblick aus den Medien kaum wegzudenken. Während bis vor kurzem laut statistischen Angaben nur rund 12 % der deutschen Erwerbstätigen Zuhause arbeiteten, dürften es derzeit wesentlich mehr sein. Flexibles, dezentrales Arbeiten scheint also durchaus machbar zu sein. Lohnt es sich deshalb, einen Anspruch darauf gesetzlich festzuschreiben? Debatten dazu hat man auf politischer Ebene schon seit Jahren geführt. Zuletzt hatte die SPD im vergangenen Jahr ihr Strategiepapier „Ein neuer Sozialstaat für eine neue Zeit“ vorgelegt. Demnach sollte das Recht auf mobiles Arbeiten, Homeoffice und Nichterreichbarkeit im Gesetz verankert werden.
Doch was nützt das denjenigen, die ihren Job nicht online erledigen können? Oder dort, wo es zwar theoretisch möglich wäre, es aber schlicht noch an der nötigen Technologie fehlt? Hier dann einen Anspruch geltend machen zu wollen oder gar gerichtlich durchzusetzen, ist schlicht unmöglich. Wegen der Coronakrise sind weitere Diskussionen hierzu vorläufig vom Tisch. Denn es gibt gerade dringendere Angelegenheiten zu klären. Wer weiß, vielleicht löst die Krise auch einen Lernprozess aus. Wenn sich zeigt, dass Telearbeit gut funktioniert, braucht es kein Gesetz, sondern mobiles Arbeiten wird dann mancherorts ganz selbstverständlich sein. Und ein Recht auf Nichterreichbarkeit gibt es ja schon.
SPD will Recht auf Homeoffice durchsetzen
Update Oktober 2020: Corona ist immer noch da und viele von uns arbeiten nach wie vor ganz oder teilweise zuhause. Inzwischen hat sich einiges getan. Zahlreiche Unternehmen haben relativ unkompliziert – quasi auf dem kurzen Dienstweg – Telearbeit möglich gemacht. Trotz einiger Nachteile scheint sich Telearbeit zu einer Art Erfolgsmodell zu entwickeln. Die SPD nimmt diesen Umstand für einen erneuten Vorstoß, das Recht auf Homeoffice in ein Gesetz zu gießen, zum Anlass. Anfang Oktober 2020 legte Arbeitsminister Heil einen entsprechenden neuen Entwurf vor.
Danach sollen Arbeitnehmer an 24 Tagen im Jahr ihr Recht auf Homeoffice in Anspruch nehmen können. Das würde bedeuten, dass Arbeitgeber überall dort, wo die Voraussetzungen gegeben sind, den Heimarbeitsplatz nicht mehr aus Prinzip ablehnen dürfen. Außerdem sollen die Arbeitszeiten digital erfasst und der Versicherungsschutz angepasst werden. Der Gesetzesentwurf sieht ebenfalls ein Mitbestimmungsrecht für Gewerkschaften sowie Betriebsräte vor. Allerdings hat der Koalitionspartner dem ganzen in dieser Form bereits eine Absage erteilt. Und auch aus anderen Ecken kommt Kritik.
Denn nach wie vor steht einerseits das Problem im Raum, dass vom Recht auf Homeoffice nicht jeder profitiert. Andererseits könnten unternehmensinterne Abläufe empfindlich gestört werden, wenn Arbeitnehmer plötzlich auf ihrem Recht bestehen. Und ganz ehrlich, wieviel Sinn macht ein Recht auf Homeoffice an gerade einmal 2 Tagen im Monat wirklich? Dass die Politik Telearbeit fördern möchte, ist bestimmt keine schlechte Sache. Aber es scheint noch eine Menge Diskussionsbedarf zu geben, wie und in welcher Form das geschehen soll.
Jetzt kommt die Homeoffice-Pauschale
Update Januar 2021: Das vergangene Jahr war für die meisten Menschen kein leichtes. Trotzdem gab es den einen oder anderen Lichtblick. So konnte sich die Telearbeit in vielen Bereichen weiter etablieren und hat es möglich gemacht, dass die Produktivität nicht auf der Strecke blieb. Die Digitalisierung war und ist damit einer der Schlüssel, die Gesamtwirtschaft in Krisenzeiten am Laufen zu halten. Auch wenn sich nicht jeder mit der Arbeit zuhause anfreunden kann, bietet sie gerade bei den derzeitigen Herausforderungen eine gute Alternative. Immerhin wird ganz nebenbei noch der Verkehr reduziert und an Arbeitsweg sowie Reisezeit gespart. Andererseits werkelt man in der eigenen Wohnung. Das verursacht Mehrkosten, z.B. bei Strom, Wasser und Heizung, an denen sich der Arbeitgeber nicht unbedingt beteiligen muss.
Homeoffice-Pauschale soll entlasten
Deshalb hat der Gesetzgeber mit Wirkung zum 01.01.2021 mit der Homeoffice-Pauschale eine Steuererleichterung beschlossen. In den Genuss sollen diejenigen Arbeitnehmer kommen, die nun (überwiegend) zuhause arbeiten und nicht die Voraussetzungen erfüllen, um ein häusliches Arbeitszimmer abzusetzen. Wer jetzt jubelnd hinter dem Laptop am Küchentisch hervorspringt, freut sich vielleicht etwas zu früh. Denn wie so oft, profitieren davon nicht alle Telearbeiter. Man kann zwar für jeden kompletten Tag im Heimbüro 5 Euro geltend machen. Aber die Homeoffice-Pauschale ist auf maximal 120 Tage, mithin 600 Euro im Jahr, gedeckelt. Befristet auf 2020 und 2021, wird sie dann auch noch mit dem ohnehin jährlich gewährten Steuerfreibetrag von 1.000 Euro verrechnet.
Es ist ganz ähnlich wie bei der Pendlerpauschale. Kommt man mit weiteren abzugsfähigen Werbungskosten nicht über diese 1.000 Euro hinaus, hat man von der Homeoffice-Pauschale keinerlei Vorteil. Außerdem entfällt ja bei Telearbeit die Anfahrt zur Arbeit und damit eben die Pendlerpauschale. Für jemanden, der bisher einen relativ weiten Arbeitsweg hatte, kann das trotz Homeoffice-Pauschale ein Abrutschten unter den Freibetrag bedeuten. Eine extra Steuerersparnis gibt es also nur, wenn man mit weiteren Kosten im Zusammenhang mit der Arbeit den jährlichen Freibetrag überschreitet.
Hinweis: Dieser Artikel bietet lediglich einen Überblick zum Thema Telearbeit. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt keinesfalls eine individuelle rechtliche Beratung. Diese kann nur ein Rechtsanwalt oder Steuerberater gewährleisten.
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