Digitale Vertriebskanäle: Die Zukunft des B2B-Vertriebs
Ganze 57 Prozent der Einkaufsprozesse laufen online ab, jedoch nutzen lediglich 42 Prozent der Firmen bereits digitale Vertriebskanäle. Ein Drittel bietet seinen Kunden noch keine Online-Bestellmöglichkeit. Das hat eine Untersuchung zur Zukunft des B2B-Vertriebs des Beratungsunternehmens Roland Berger in Zusammenarbeit mit Google ergeben.
Der Einkaufsprozess findet über digitale Vertriebskanäle statt
Eines der Kernergebnisse der Studie zeigt, dass hierzulande fast 50 Prozent der Einkaufsverantwortlichen unter 35 Jahre alt sind. Da sich das Kommunikationsverhalten dieser sogenannten Digital Natives grundsätzlich von anderen Generationen unterscheidet, wird die Digitalisierung zum wichtigen Erfolgsfaktor. Diese Einkäufer sind es gewohnt, online zu kaufen und übertragen diese Erfahrungen auch auf das B2B-Geschäft. Der Einkaufsprozess findet daher häufig digital statt. Bis es schließlich zum ersten Kontakt mit dem Verkäufer kommt, sind laut der Untersuchung bereits 57 Prozent des Entscheidungsprozesses abgeschlossen. „Wer sich nicht an die Bedürfnisse dieser neuen Generation von Einkaufsentscheidern anpasst, setzt langfristig seine Wettbewerbsposition aufs Spiel“, sagt Ralph Lässig, Partner von Roland Berger.
Nur 42 Prozent der Unternehmen mit entsprechender Strategie
Bei der Befragung zum Thema „Die digitale Zukunft des B2B-Vertriebs“ unter knapp 3.000 Vertriebsverantwortlichen kam heraus, dass sich 60 Prozent der Befragten bewusst sind, dass digitale Vertriebskanäle zukünftig über den Geschäftserfolg entscheiden werden. Dennoch verfolgen gerade einmal 42 Prozent auch eine Strategie zum Ausbau digitaler Aktivitäten. Insgesamt 33 Prozent der Befragten gaben an, aktuell noch nicht einmal eine Online-Bestellung ihrer Produkte anzubieten.
„Unter dem Schlagwort Digitalisierung verstehen viele Firmen lediglich den Wandel bei Produkten und Produktionsprozessen“, erklärt Stefan Hentschel, Industry Leader Technology & B2B von Google, und fügt hinzu: „Dabei umfasst die Digitalisierung alle Unternehmensbereiche. Und gerade der B2B-Vertrieb, also die Schnittstelle zum Kunden, wird bis jetzt vernachlässigt, obwohl hier sehr viel Potenzial steckt.“
Mehr Verkaufsabschlüsse durch digitale Vertriebskanäle
Wie viel genau würden Beispiele aus der Praxis eindrücklich zeigen: So hatte etwa ein Telekommunikationsdienstleister seine Vertriebsmitarbeiter mit einem Tablet und einer speziellen Verkaufs-App ausgestattet, mit deren Hilfe die Verkäufer Produkte direkt mit dem Kunden konfigurieren konnten. Bereits sechs Monate später habe sich gezeigt, dass die Verkäufer pro Kontakt 5 bis 10 Prozent mehr Vertragsabschlüsse erzielten. Zudem sei der Zeitbedarf pro Kunde gesunken, während der Gesamtwert der Verkäufe um knapp 70 Prozent gestiegen sei. „Ein digitalisierter Vertrieb erleichtert den Zugang zum Kunden. Bei optimaler Anwendung der neuen Kanäle können mit wenig Aufwand hunderte Einkäufer gleichzeitig erreicht werden“, ist Hentschel überzeugt.
Heute gibt der Kunde den Impuls
Steuerte bisher der Verkäufer den Informationsfluss, sitze nun der Kunde am längeren Hebel: „Im Zeitalter des Onlinehandels – egal ob B2C oder B2B – gibt der Kunde den Impuls. Er entscheidet wann, wo und in welcher Form er mit seinem Gegenüber im Vertrieb interagieren möchte“, sagt Hentschel. Es sei daher erforderlich, die Vertriebsstrategie an den Kontaktpunkten mit den Kunden und deren Bedürfnissen auszurichten, etwa indem Informationen intelligent aufbereitet werden oder auch per Online-Chat mit einem Berater.
Auch die Vernetzung aller Vertriebskanäle hält der Google-Experte für sinnvoll, um Entscheider permanent mit Daten und Fakten versorgen zu können. „Es muss daher sichergestellt sein, dass potenzielle Einkäufer nahtlos zwischen den Kanälen wechseln können.“ Eine gewisse Zentralisierung sei daher erforderlich, zum Beispiel eine zentrale IT-Abteilung oder ein zentrales Customer-Management-System. Die Experten von Roland Berger und Google empfehlen:
Vier Schritte zur erfolgreichen Digitalisierung des B2B-Vertriebs
- 1. Die richtigen Methoden zur Umsetzung müssen gefunden werden, die der Geschwindigkeit des digitalen Zeitalters standhalten. „Wir setzen dabei auf eine Inseltaktik, bei der zunächst geeignete Leuchtturmprojekte identifiziert und ausgeführt werden„, so Ralph Lässig von Roland Berger.
- 2. Die Verantwortlichkeit sollte klar definiert sein und etwa im Vorstand zugeteilt werden. Von dort aus kann die Digitalisierung im Unternehmen koordiniert und vorangetrieben werden. Klassisches Projektmanagement scheitert laut der Experten häufig an dieser Stelle.
- 3. Die Schulung von Mitarbeitern wird als entscheidender Schritt gesehen, um die Digitalisierung im Unternehmen zu fördern.
- 4. Auch die Kooperation mit externen Partnern sei ein wichtiger Faktor für die erfolgreiche Digitalisierung. So können zum Beispiel Firmen aus dem B2C-Bereich oder Industrieunternehmen ihre jeweiligen Erfahrungen beisteuern.
20.11.2015
Bild: Gerd Altmann | pixabay.com