Kaufvertrag, Gewährleistung & Garantie – rechtliche Grundlagen und Abgrenzung
Veröffentlicht 24.10.2016 | Update 17.01.2022
Wir alle kaufen regelmäßig ein – ob das Brötchen beim Bäcker, die Zeitung am Kiosk oder ein neues Smartphone. Dabei schließen wir, ob uns das bewusst ist oder nicht, einen Vertrag. Was so alltäglich erscheint, ist in Wahrheit ein recht komplexes Konstrukt aus gegenseitigen Rechten und Pflichten.
Was ist ein Kaufvertrag?
Der Kaufvertrag ist die häufigste Vertragsform überhaupt. Es handelt sich um ein sogenanntes schuldrechtliches Verhältnis zwischen den Parteien Verkäufer und Käufer, die sich durch den Vertragsschluss zu Leistung und Gegenleistung verpflichten. Ein Kaufvertrag kommt meistens formlos – durch schlüssiges (= konkludentes) Handeln – zustande. Denn das Gesetz schreibt in nur wenigen Fällen, etwa beim Grundstückskaufvertrag, die Schriftform vor. Die rechtlichen Grundlagen zum Kaufvertrag findet man im Bürgerlichen Gesetzbuch (↗ BGB § 433 BGB ff).
Welche Pflichten bestehen beim Kaufvertrag?
Pflicht des Verkäufers beim Kaufvertrag ist, dem Käufer den Kaufgegenstand mangelfrei zu übergeben und ihm das Eigentum daran zu verschaffen. Im Gegenzug willigt der Käufer ein, den vereinbarten Preis zu zahlen und den Kaufgegenstand anzunehmen. Ein Kaufgegenstand kann ganz unterschiedlicher Natur sein. Etwa ein bestimmtes Produkt, aber auch ein Tier oder eine Immobilie. Daneben sind Rechte, Anteile oder Leistungen ebenfalls Gegenstand von Kaufverträgen. Der Kaufvertrag gilt als geschlossen, wenn der Käufer das Angebot des Verkäufers annimmt.
Möchte der Käufer die Sache sofort nutzen, ohne sie auch sofort bezahlen zu müssen, kann der Verkäufer einen sogenannten Eigentumsvorbehalt vereinbaren. Das bedeutet, dass der Verkäufer solange Eigentümer der Sache bleibt, bis der Käufer den Preis vollständig bezahlt hat (Beispiel: Ratenkauf). Wenn der Käufer nicht zahlt, kann der Verkäufer vom Vertrag zurücktreten und die Rückgabe des Kaufgegenstandes verlangen.
Gewährleistungsrechte beim Kaufvertrag
Mit Abschluss des Kaufvertrags sichert der Verkäufer zu, dass der Kaufgegenstand zum Zeitpunkt der Übergabe frei von Sach- und Rechtsmängeln ist. Von einem Sachmangel spricht man, falls dem Kaufgegenstand zugesicherte Eigenschaften fehlen. Beispielsweise, wenn er beschädigt oder unvollständig ist. Ein Rechtsmangel liegt vor, wenn Dritte Rechte an der Sache besitzen, ohne dass der Käufer davon weiß. Sollte der Kaufgegenstand mangelhaft sein, so steht dem Käufer im Rahmen der Gewährleistung ein Recht auf Beseitigung des Mangels zu. Die Gewährleistungsfrist beträgt zwei Jahre.
Verlängerte Beweislastumkehr beim Verbrauchsgüterkauf
Aber wer muss eigentlich beweisen, dass die Kaufsache schon bei der Übergabe mangelhaft gewesen ist? Bisher galt: Trat der Mangel innerhalb von 6 Monaten nach Übergabe auf, wurde vermutet, dass er bereits zum Übergabezeitpunkt vorhanden war. Die Beweislast über die Mangelfreiheit lag also für die ersten 6 Monate beim Verkäufer.
Zugunsten der Käuferseite hat der Gesetzgeber diese Frist nunmehr auf ein Jahr verlängert. Die Änderung des § 477 BGB ist zum 01.01.2022 in Kraft getreten und betrifft alle Kaufverträge, die seitdem abgeschlossen wurden und werden. (Ausnahme: Der Kauf von Tieren, hier bleibt es bei 6 Monaten.)
Eine weitere wichtige Änderung betrifft den Erwerb von Waren mit sogenannten digitalen Elementen. Hier zählt auch ein ausgebliebenes oder fehlerhaftes Update als Mangel. Ist im Kaufvertrag die dauerhafte Bereitstellung der digitalen Elemente vereinbart, trifft die Beweislastumkehr den Verkäufer sogar während der gesamten Vertragslaufzeit bzw. Gewährleistungsfrist.
Im Mangelfall kann der Käufer zunächst die Nacherfüllung verlangen. Das geschieht nach Wahl des Käufers entweder durch die Beseitigung des Mangels (z.B. Reparatur) oder die Lieferung einer mangelfreien Sache. Wenn die Nacherfüllungsversuche des Verkäufers scheitern, hat der Käufer die Möglichkeit, vom Vertrag zurückzutreten oder den Kaufpreis zu mindern. Weil sich die Verpflichtung zur Übergabe einer mangelfreien Sache aus dem Kaufvertrag ergibt, darf der Käufer seine Rechte nur gegen den Verkäufer geltend machen. Jedoch nicht gegen den Hersteller.
Abgrenzung Gewährleistung und Garantie
Neben der Gewährleistung gibt es die Garantie. Dabei ist wichtig zu wissen, dass eine Garantie eine freiwillige Zusatzleistung darstellt. Sie kann die Gewährleistung weder verringern noch ersetzen. Hersteller und Händler sollten sich davor hüten, gesetzliche Gewährleistungsansprüche als Garantieversprechen anzupreisen. Denn das fällt in den Bereich des unlauteren Wettbewerbs.
Ein Garantie kann sich zum Beispiel auf die Haltbarkeit oder die Funktion eines Produktes beziehen. Art und Umfang der Garantieleistung legt der Hersteller fest und bietet sie dem Kunden als zusätzliche Dienstleistung an. Garantieleistungen können zum Qualitätsmerkmal eines Anbieters werden, wenn er sie in vollem Umfang möglichst schnell, korrekt und kulant durchführt.
➥ Siehe auch: Qualität und Qualitätskriterien
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