Frauen verdienen mehr: Ein Interview mit Ines Heinrich

Noch immer sind Frauen im Vertrieb in der Minderheit. Das belegen die Statistiken seit Jahren. Dabei mag es hierfür viele Gründe geben. Doch Frauen verdienen mehr Aufmerksamkeit. Das findet auch Vertriebsexpertin Ines Heinrich, die uns im Interview erläutert, warum sich das Blatt bald wenden könnte und warum Frauen sich mehr zutrauen sollten.

salesjob: Sie finden, Frauen verdienen mehr. Wieso?

Ines: Es ist ja bekannt, dass Frauen sich erst dann auf eine Stelle bewerben, wenn sie der Meinung sind, dass sie 70-90% der angegebenen Anforderungen erfüllen. Männer bewerben sich auf die gleiche Stelle bereits, wenn sie der Meinung sind, 30-40% der Anforderungen zu erfüllen.

Denkt man das zu Ende bedeutet es, dass ein Unternehmen bei einem weniger qualifizierten Mann weniger für sein Geld bekommt als für eine Frau, die sich auf die Stelle bewirbt.

salesjob: Das heißt, Unternehmen würden gut daran tun, sich gerade die Bewerbungen von Frauen genauer anzuschauen?

Ines: Ja, denn durch diese Verteilung bringt eine Frau oft mehr Erfahrung mit in den Job als ein Mann. Der bewirbt sich auf die gleiche Stelle, obwohl er vielleicht nur ein Drittel der erforderlichen Qualifikationen vorweisen kann. Es lässt sich schwer einschätzen, wie lange er brauchen wird, um dieses Defizit auszugleichen. Das Unternehmen muss dann häufig mehr Zeit in die Einarbeitung investieren als bei einer Frau.

salesjob: Die Unternehmen würden also deutlich und auch finanziell davon profitieren, mehr Frauen einzustellen?

Ines: Ganz klar, ja. Und das umso mehr, je mehr Berufserfahrung die Frauen mitbringen.

salesjob: Und wie sieht es im Vertrieb bei Führungspositionen mit Personalverantwortung aus?

Ines: Da wirkt sich das Mehr an Erfahrung besonders positiv aus. Gerade die Vertriebsleiterposition ist eine Position mit Vorbildcharakter und Multiplikationsfaktoren. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass Frauen in Führungspositionen ihr Wissen deutlich schneller und früher an ihre Mitarbeiter weitergeben. Zudem sind sie in der Lage, sich zeitgleich in Thematiken einzuarbeiten, die wirklich neu für sie sind.

salesjob: Gilt das auch für Frauen mit mehr als 25 Jahren Berufserfahrung?

Ines: In jedem Fall! Frauen um die 50 sind ja auch souveräner und gelassener im Umgang mit den Herausforderungen am Arbeitsplatz. Denn sie wissen, was sie können.

salesjob: Und wie sieht es in der Realität aus, wenn eine 50-Jährige mit viel Erfahrung – auch Führungserfahrung – in ein neues Unternehmen wechseln möchte?

Ines: Sie meinen, ob diese Frau dann auf Personaler und Arbeitgeber trifft, die trotz besseren Wissens den Mann mit weniger Berufserfahrung einstellen? Sagen wir so: Ich bin überzeugt, dass sich dies in Zukunft immer weniger Unternehmen leisten können.

salesjob: Sie blicken also optimistisch in die Zukunft?

Ines: Ja, denn letztlich sind große Begeisterung und starkes Engagement für den Job bei gleichzeitig breitem Erfahrungsschatz wichtige Erfolgsfaktoren für jedes Unternehmen. Vor allem im Vertrieb. Ich beobachte außerdem, dass die Entscheider weniger werden, für die es ungewohnt ist mit Frauen für eine Vertriebsposition zu verhandeln, die eben genau diese Eigenschaften mitbringt.

salesjob: Dann dürfte sich die Diskussion um eine Benachteiligung von Frauen am Arbeitsplatz – vor allem bei Frauen um die 50 – also bald erübrigt haben?

Ines: Ich glaube, dass weibliche Personalentscheider den Prozess der Veränderung beschleunigen werden. Sie können sich ja gut in die Bewerberin hineinversetzen, die vor ihnen sitzt. Und bei ihrer Entscheidung berücksichtigen, dass die Frau zwischen 70 und 90 Prozent der Anforderungen mitbringt – zum Vorteil für das Unternehmen. Im Übrigen sollte sich das auch beim Gehalt widerspiegeln. Frauen verdienen mehr!

01.12.2015

Siehe auch: Frauen im Sales – Entwicklung der letzten Jahre

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