Customer Journey: Bedeutung & Aufbau

Veröffentlicht am 18.02.2021

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Der moderne Vertrieb orientiert sich – im Gegensatz zum berühmt-berüchtigten Hardselling vergangener Tage – mittlerweile stark am Kunden. Man hat nicht nur mitbekommen, wie kostspielig es ist, ständig auf Neukundenfang zu sein. Darüber hinaus liegt eine Menge Macht in Kundenhand. Bleiben sie der Marke, dem Unternehmen treu? Teilen sie ihre Erfahrungen mit anderen? Wiederkaufsraten und Weiterempfehlungen können sich sowohl positiv als auch negativ (im Falle des Ausbleibens) entscheidend auf die Umsätze auswirken. Deshalb investieren viele Vertriebsorganisationen verstärkt in die Kundenzufriedenheit und optimieren ihre Prozesse. Einen besonderen Stellenwert in diesem Zusammenhang hat die Customer Journey.

Customer Journey

Definition: Was meint der Begriff Customer Journey?

Attention, Interest, Desire, Action: Die AIDA-Formel ist inzwischen über 100 Jahre alt. Doch schon damals, als Werbung noch in den Kinderschuhen steckte, kannte man bestimmte Phasen, die Kunden vor dem eigentlichen Kauf durchlaufen. Weil diese im Grunde genommen einer Reiseroute gleichen, entstand im Marketing allmählich das Sinnbild der Customer Journey – der Kundenreise. Von deren Beginn bis zum eigentlichen Ziel kommt ein Kunde auf unterschiedliche Weise an mehreren Punkten mit der Marke oder dem Produkt in Kontakt. Diese Berührungspunkte oder Touchpoints markieren die einzelnen Stationen auf der Customer Journey. An ihnen entlang soll der Kunde letztendlich zur erwünschten Aktion geführt werden. Das muss nicht zwingend ein Kauf sein. Auch neue Kontakte zu gewinnen oder die Abfrage weiterer Informationen können, je nach Intention des Unternehmens, dazugehören.

Welche Bedeutung hat die Customer Journey?

Reisen sind Abenteuer. Das wusste bereits Matthias Claudius (1740 – 1815) und dichtete die Zeilen: »Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen«. Genauso verhält es sich bei der Customer Journey. Die individuellen Erfahrungen, die ein (potenzieller) Kunde in den einzelnen Phasen und an den jeweiligen Touchpoints macht, beeinflussen ihn maßgeblich. Am Ende steht nicht nur die Entscheidung für oder gegen das Produkt. Auch die Kundenbindung und die Empfehlungsbereitschaft hängt von der Customer oder Brand Experience während dieser Reise ab.

Wo gelangt der Kunde mit dem Angebot, der Marke, dem Produkt in Kontakt? Wodurch wird sein Interesse geweckt? Was veranlasst ihn schließlich, die erhoffte Zielhandlung auszuführen? Die Customer Journey soll dabei helfen, zu verstehen, welche Vorlieben Kunden haben und warum sie etwas tun bzw. unterlassen. Anhand dessen können Maßnahmen in Vertrieb und Marketing so gestaltet werden, dass sie optimal zu den Kundenbedürfnissen passen. Die Customer Centricity ist dabei einer der Dreh- und Angelpunkte für eine gelungene Kundenreise.

Die Phasen der Customer Journey

Aus welchen Phasen die Customer Journey im Einzelnen besteht, ist nicht ganz leicht zu beantworten. Es gibt verschiedene Modelle, die fünf, sieben oder gar neun Zwischenstufen enthalten können. Im Allgemeinen geht man aber von wenigstens fünf Schritten bis zum Ziel aus:

  • Aufmerksamkeit (Awareness): Ein potenzieller Kunde erfährt zum ersten Mal vom Angebot (durch Werbung, eine Empfehlung o.ä.)
  • Abwägung (Consideration): Dieses entspricht in etwa seinen Vorstellungen und er verschafft sich weitere Informationen (auf der Website, durch Kundenrezensionen, in Fachforen etc.)
  • Kauf (Conversion): Er ist schließlich überzeugt und kauft. Der Wandel vom Interessenten zum Kunden ist vollzogen.
  • Zufriedenheit (Retention): Er erhält das Gewünschte und ist zufrieden mit dessen Eigenschaften.
  • Weiterempfehlung (Loyality): Weil das Angebot alle Erwartungen erfüllt und der Verkaufsprozess gut gelaufen ist, empfiehlt er es anderen.

An dieser Stelle wird noch einmal die Ähnlichkeit zum Werbewirkungsmodell »AIDA« deutlich. Statt des Interesses kann zum Beispiel auch ein bestimmter Bedarf auf Kundenseite den Ausgangspunkt der Customer Journey bilden. Wer einen solchen verspürt, sucht vielleicht bereits gezielt nach Informationen, um diesen zu decken. Dadurch verändern sich eventuell die einzelnen Steps. Doch hier gilt ebenso: An welchen Stellen und auf welche Weise bekommt man die Aufmerksamkeit des Kunden? Und wo findet die Conversion – die Verwandlung – vom Interessenten zum Käufer statt?

Customer Journey Touchpoints

Schon anhand der »einfachen« Kundenreise in fünf Schritten lässt sich erahnen, wie viele unterschiedliche Berührungspunkte sich insgesamt ergeben. Gerade das Internet mit seinen schier unbegrenzt erscheinenden Möglichkeiten hat die Palette dieser Touchpoints anwachsen lassen. Es stellt eine nicht unerhebliche Herausforderung dar, diese zu identifizieren und zu verstehen, was genau an welchem Punkt passiert. Hinzu kommt, dass nicht jeder Touchpoint durch das Unternehmen selbst gebildet bzw. gesteuert wird. Diese indirekten Berührungspunkte finden sich vor allem in der Phase des ersten Kontakts (Awareness) und bei der Beschaffung von Informationen.

Customer Journey Beispiel »Reisebuchung«

Touchpoints

Susi möchte Urlaub machen, weiß aber noch nicht genau, wo es hingehen soll. Eine Freundin erzählt ihr ganz begeistert von ihrem letzten Trip und empfiehlt den Veranstalter. Susi informiert sich auf dessen Website über mögliche Ziele und die Konditionen. Weil sie ein Mensch ist, der persönlichen Kontakt schätzt, begibt sie sich mit ersten Vorstellungen ins Reisebüro. Der Fachberater vor Ort erstellt ihr ein persönliches Angebot. Sie nimmt das Angebot mit nach Hause und schaut sich vor einer endgültigen Entscheidung noch Bewertungen zum Veranstalter in Verbraucherforen an. Diese fallen überwiegend positiv aus und so bucht sie ihren Urlaub. Die Buchungsbestätigung bekommt sie sofort per E-Mail. Allerdings hat sich beim Abreisedatum ein Fehler eingeschlichen. Susi ruft die Hotline des Veranstalters an, wo der Fehler umgehend korrigiert wird. Der Urlaub selbst erfüllt Susis Erwartungen und der Hotelservice ist exzellent. Ihre guten Erfahrungen teilt sie deshalb auf der Social Media Plattform des Veranstalters.

Wo nun jemand seine Customer Journey beginnt und welche Touchpoints er im Einzelnen anläuft, ist ganz individuell. Im obigen Beispiel könnte es auch ein Werbeplakat sein, welches überhaupt erst den Urlaubswunsch entstehen lässt. Die Informationsbeschaffung wiederum könnte dann im Internet über eine Suchmaschine starten. In diesem Fall hätte wohl einer der Reiseveranstalter die Nase vorn, der in die Suchmaschinen-Optimierung (SEO) investiert hat und dessen Website deshalb weit oben in den Suchergebnissen auftaucht. Daneben sind viele weitere Szenarien denkbar. Das macht es nicht leicht festzustellen, welcher Touchpoint in welcher Phase von besonderer Bedeutung ist.

Analyse der Kundenreise

Andererseits ist aber genau diese Erkenntnis wichtig, um zu sehen, welche Strategien im Unternehmen gut funktionieren. Oder aber an welchen Punkten Kunden beispielsweise abspringen und sogar zur Konkurrenz wechseln. Es muss also eine Analyse der Conversion Rate und der Customer Journey geben. Im klassischen Marketing lassen sich einzelne Reiseschritte des Kunden schwer nachvollziehen. Hier kann das Einholen von gezieltem Kundenfeedback weiterhelfen. Auch die eigenen Mitarbeiter mit ihren Erfahrungen bilden eine wertvolle Informationsquelle. Auf diese Art und Weise an notwendige Daten zu gelangen, ist aber mit viel Aufwand verbunden.

Im Online Marketing hingegen erleichtern verschiedene Tracking- und Analysetools die Arbeit. Sie machen sozusagen das Online-Verhalten der Kunden sichtbar: Social Media Resonanz, Klickraten und Verweildauer auf der eigenen Website, Bestellungen im Online-Shop, Service- und Beratungsanfragen via Chat-Bots und ähnliches. Bestimmte wichtige Online Touchpoints können so schnell herausgefunden werden. Doch auch das hat seine Grenzen.

Denn es gibt einiges, was man trotzdem nicht erfährt. War es der Corporate Blog, der den Kunden animiert hat, den Newsletter zu bestellen? Oder hat er ihn abonniert, weil sein Kollege das auch gemacht hat? Gab es vor der Online-Bestellung eine Beratung im Ladengeschäft? Besucht der Kunde die Unternehmenshomepage auf Empfehlung oder haben ihn Google & Co. hierher geführt? Nicht zuletzt ist es der Internet Nutzer selbst, der die Datenerfassung erschweren kann. Etwa, wenn er seine Cookies löscht oder deren Einsatz einschränkt.

Customer Journey Map & Touchpoint Management

Nun ist Online zwar in und das Internet als Vertriebsweg immer weiter auf dem Vormarsch. Aber Offline ist trotzdem nicht out. Viele Kunden schätzen den persönlichen Kontakt und ein optisches und haptisches Verkaufserlebnis. Oder es besteht hoher Beratungsbedarf – gerade bei Investitionsgütern im Business Bereich besonders üblich. Wer seinen Vertrieb nicht ausschließlich auf das Internet ausgerichtet hat, kommt nicht umhin, die Customer Journey auch über die Offline-Kontaktpunkte zu steuern. Egal, welche Strategie ein Unternehmen letztendlich fährt, die Reise des Kunden hat immer zwei Seiten. Einerseits sind es die Voraussetzungen, die das Unternehmen dafür bereitgestellt hat. Auf der anderen Seite stehen die Erfahrungen, die der Kunde »unterwegs« macht.

Customer Journey Map

Mithilfe einer Customer Journey Map kann man das grafisch darstellen und anhand der Auswertung Verbesserungsbedarf erkennen. Um eine individuelle Customer Journey Map zu entwickeln, werden zunächst die Zielgruppen definiert. Anschließend gilt es, die einzelnen Touchpoints für die jeweilige Zielgruppe ausfindig zu machen und in eine zeitliche Reihenfolge zu bringen. An jedem Kontaktpunkt findet dann eine Erfassung der Kundenzufriedenheit statt. Die Ergebnisse lassen sich beispielsweise als Diagramm abbilden:

Das ist ohne Frage insgesamt recht aufwendig. Denn je nach Zielgruppe werden sowohl die Zahl als auch die Reihenfolge der Kontakte mit dem Angebot bzw. dem Unternehmen stark variieren. Hinzu kommen die Schwierigkeiten, die bei der Messung von Kundenzufriedenheit sowieso schon existieren. Einfache Instrumente, wie der Net-Promoter-Score, bieten sich zwar an. Sie ergänzen individuelles Kundenfeedback aber allenfalls und reichen allein nicht aus. Dennoch ist es empfehlenswert, ganz im Sinne eines guten Kundenbeziehungs-Managements, den Aufwand nicht zu scheuen.

Touchpoint Management

Die Customer Journey Map legt offen, an welchen Touchpoints die Kundenzufriedenheit hoch oder niedrig ist. Aber auch, welche Kanäle das Unternehmen bisher noch gar nicht bedient. Sie gibt damit die Richtung vor, wo nach den Ursachen für mögliche Schwachstellen gesucht und welche Verbesserungen angestoßen werden müssen. Wenn sich zum Beispiel herausstellt, dass es immer wieder zu Lieferengpässen kommt, besteht Handlungsbedarf bei den Lieferketten. Der Kunde kommt zwar nicht unmittelbar mit dem Problem in Berührung. In der Retention-Phase kann dadurch jedoch Unzufriedenheit entstehen, weil das Produkt später als erwartet verfügbar ist.

Eine Schwierigkeit besteht darin, dass solche Schwachstellen in ganz verschiedene Abteilungen liegen können. Vertrieb, Marketing, Produktion, Public Relations oder Personalwesen agieren nach ihren eigenen Maßgaben. Ein umfassendes Touchpoint Management will alle Berührungspunkte, die während der Kundenreise mit den einzelnen Abteilungen entstehen, miteinander in Einklang bringen. Kunden sollen an jedem dieser Punkte ihren Bedürfnissen und Erwartungen gerecht abgeholt werden. Alle diesbezüglichen Aktivitäten unternehmensintern zu koordinieren, sorgt durch ein stimmiges Bild für eine höhere Identifikation mit der Marke.

Fazit: Customer Journey und Touchpoint Management gehören zu einer ganzheitlichen, am Kunden orientierten Unternehmensstrategie. Den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen, steht nicht im Widerspruch zum unternehmerischen Erfolg. Im Gegenteil: Aus überzeugten und begeisterten Kunden werden Stammkunden, Referenzgeber und Markenbotschafter. Das wiederum stärkt das Unternehmensimage, das Markenversprechen und ganz nebenbei auch die Umsätze.


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